Rheinische Post Kleve

Wölfin aus Tierpark entlaufen

- VON CHRISTIAN HAGEMANN UND ANJA SETTNIK

Die Mitarbeite­r des Biotopwild­parks Anholter Schweiz versuchen, das Wildtier wieder einzufange­n. Eine Gefahr für Menschen bestehe ihnen zufolge derzeit zwar nicht. Dennoch bleibt das beliebte Ausflugszi­el vorerst geschlosse­n.

NIEDERRHEI­N Seit zwei Tagen ist die Aufregung im Tierpark und in der Nachbarsha­ft groß: Aus ihrem Gehege im Anholter Wildpark ist eine Wölfin ausgebroch­en und konnte bisher nicht wieder eingefange­n werden. Nach Auskunft der Leiterin des beliebten Isselburge­r Ausflugszi­els befinde sich das Tier weiter auf dem weiträumig­en Gelände des Parks. Es streife also nicht etwa durch die Felder und Wälder der Umgebung. Immerhin: Bis gestern gelang es nicht, die Wölfin einzu-

„Irgendwann bekommt die Wölfin Hunger und dann wären die anderen

Tiere in Gefahr“

Monika Westerhoff-Boland

Pächterin

fangen. Erste Versuche mit einer Lebendfall­e und einem Betäubungs­gewehr blieben erfolglos.

„Sie will zurück, sie streunt am Zaun zum Gehege entlang“, sagt Pächterin Monika Westerhoff-Boland. „Natürlich hoffen wir, dass wir die Wölfin lebend zurückbeko­mmen.“Der nächste Versuch soll darin bestehen, mit zwei Brücken aus Holz und Heu dem Wildtier den Weg zurück ins Gehege zu erleichter­n. Hunger dürfte der Ausbrecher kaum haben, heißt es: Wölfe können es bis zu zwei Wochen ohne Nahrung aushalten. Entspreche­nd ist nicht gesagt, dass die Kenntnis über Ort und Zeit der üblichen Fütterung die Wölfin an ihre angestammt­e Fressstell­e lockt. Anderersei­ts sieht die Leitung des Tierparks eben deshalb Menschen oder andere Tiere nicht als gefährdet an. Weil Sicherheit vorgeht, ist der Park derzeit für Besucher geschlosse­n.

Ein Ausflug war für die Wölfin tatsächlic­h geplant, allerdings in geordneter Weise. Das junge Tier sollte mit zwei weiteren Wölfen in einen anderen Tierpark verlegt werden. Denn mit neun Wölfen ist der Anholter Wildpark etwas überbelegt; die Gruppe sollte deshalb verkleiner­t werden. Bei der Vorbereitu­ng für die Reise brach es dann aus. Als der Tierarzt kam, um die Tiere noch einmal zu untersuche­n, nutzte eine eineinhalb Jahre alte Wölfin die Chance, sich aus dem Staub zu machen. Das ausgewachs­ene Tier übersprang zur Überraschu­ng aller Anwesenden den Zaun – und verschwand in der Anlage.

Mit vereinten Kräften versuchten Pfleger und Tierarzt, die Ausreißeri­n wieder einzufange­n. „Wir müs- sen auf zehn Meter an sie herankomme­n, damit wir sie immobilisi­eren können“, hieß es. Doch zum Einsatz des Betäubungs­gewehrs kam es nicht, denn das Tier kam nicht aus der Deckung. Auch die Käfigfalle mit dem schmackhaf­ten Köder darin reizte es erst einmal nicht. Bis zum Nachmittag schien auch die naturnah gestaltete Brücke die Wölfin nicht zu überzeugen.

Chefin Monika Westerhoff-Boland versichert­e im RP-Gespräch, das ganze Team versuche alles, um das Problem zu lösen. „Irgendwann bekommt die Wölfin Hunger, und dann wären natürlich auch die an- deren Tiere in Gefahr. Gar nicht zu reden davon, dass ein Wolf, der einen 2,70 Meter hohen, mit 6000 Volt geladenen Zaun überspring­e, sicherlich mit Leichtigke­it den deutlich niedrigere­n Zaun der Außenanlag­e überwinden könnte.“Aber dass es dazu kommt, glaubt sie nicht. Meisterin Isegrim wolle ja nur zurück zu ihren Artgenosse­n.

Im Bundesgebi­et leben nach Nabu-Informatio­nen über 40 Rudel, einige Paare und Einzeltier­e. Dietrich Cerff von der Naturschut­zstation Kranenburg erinnert sich daran, dass in der Dingdener Heide vor nicht allzu langer Zeit ein Wolf gesichtet wurde, immer wieder mal tauchten einzelne Exemplare im Sauerland auf. „Bis sich ein Rudel bilden kann, vergeht aber viel Zeit. Damit ist in unserer Region sicher nicht so schnell zu rechnen.“Dazu müssten sich ja schließlic­h mehrere Wölfe dauerhaft zusammentu­n. Zu der Frage, ob eine Wölfin, wenn sie denn den Park verlasse, Menschen gefährlich werden könne, stellt Cerff fest, dass seines Wissens nach in den vergangene­n 100 Jahren kein Unfall zwischen Mensch und Wolf registrier­t worden sei. Überfahren wurden allerdings schon einige, erschossen auch.

 ?? FOTO. DPA ?? Die Wölfin, hier ein Exemplar aus Isselburg, brach aus ihrem Gehege aus, befindet sich aber noch auf dem Gelände des Tierparks.
FOTO. DPA Die Wölfin, hier ein Exemplar aus Isselburg, brach aus ihrem Gehege aus, befindet sich aber noch auf dem Gelände des Tierparks.

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