Mit Vollgas in die Sackgasse
Der Autobau ist eine Schlüsselbranche der deutschen Wirtschaft. Er steht für Milliarden-Exporte, jede siebte Stelle hängt von ihm ab. Daher sind Kanzler stets zur IAA gereist, selbst wenn sie nichts am PS-Geprotze finden. Erst recht ist ein Besuch in der Krise Pflicht. Doch die Chance, die Konzern-Chefs in die Pflicht zu nehmen und dem Wahlvolk die automobile Zukunft zu skizzieren, hat Merkel vertan. Beim Fernseh-Duell gab sie noch die Verbraucherschützerin und erklärte, sie sei „stocksauer“auf die Branche. Gestern forderte sie diese nur müde auf, Vertrauen zu gewinnen. Statt den Betrug an Dieselfahrern anzuprangern, die Fahrverbote fürchten und Wertverluste erleiden, sprach Merkel nur von „ausgenutzten Gesetzeslücken“. Das erinnert an den VW-Konzern, der den Diesel-Skandal lange „Diesel-Thematik“nannte.
Dabei haben Fortschrittliche wie Porsche und Volvo längst begonnen, den Abschied vom Diesel einzuläuten. Statt das aufzugreifen und ein Ausstiegsdatum mit langer Vorlaufzeit zu formulieren, was schon in vielen Branchen als Innovationsmotor funktionierte, gibt Merkel dem Verbrennungsmotor noch Jahrzehnte. Bloß den Wähler nicht erschrecken. Statt mit Vollgas in die Zukunft geht es in die Sackgasse. BERICHT MERKEL MAHNT DIE AUTO-KONZERNE, TITELSEITE
IRente mit Augenmaß
n den vergangenen zwei Jahren legte die durchschnittliche Erwerbsminderungsrente deutlich zu. Die Bezieher dieser Leistung stehen dennoch weiterhin schlecht da. Ihre Altersbezüge liegen im Schnitt unter dem, was ein schwer erkrankter Arbeitnehmer noch im Jahr 2000 erwarten konnte. Das ist ein Skandal. Denn wer wegen Krankheit seinem Job nicht mehr nachgehen kann, hat auch sonst keine Chancen, sich neue Einkommensquellen zu erschließen. Er ist auf die Solidarität der Gemeinschaft angewiesen.
In dieser Wahlperiode haben Union und SPD Milliarden-Summen in der Rentenversicherung mit der Gießkanne verteilt. Dort, wo Menschen wirklich zusätzliche Leistungen benötigen, gab es nur einen sehr bescheidenen Aufwuchs. Es ist an der Zeit, Rentenpolitik mit mehr Augenmaß zu gestalten. In einer Gesellschaft, in der immer weniger junge Menschen für die Versorgung immer mehr älterer Menschen aufkommen müssen, ist eine zielgenaue Rentenpolitik umso dringlicher. Hoffentlich berücksichtigt dies die nächste Rentenkommission. BERICHT
SPD im falschen Trend
Wenn die Demoskopen mit ihrem jüngsten Deutschlandtrend recht behielten, würde Martin Schulz mit seiner SPD einem Debakel entgegentaumeln. Es rächt sich in der Schlussphase des Wahlkampfes, dass er mit dem Flüchtlingsthema die AfD stark machte, ohne damit gewinnen zu können, und dass er beharrlich von sich als Bundeskanzler sprach, ohne auf ein Bündnis zu setzen, das eine Mehrheit jenseits von Merkels Union auch greifbar werden ließ.
Schulz bleibt die Hoffnung, dass ganz zum Schluss noch deutliche Veränderungen drin sind. So war es bei den letzten drei Landtagswahlen. Allerdings hatte dort der Trend zehn Tage vorher begonnen. Wäre es für ihn Richtung 30 Prozent gegangen, hätte das Schub für die letzten Meter gegeben. Aber die „20“hat in dieser Phase eher den Charakter eines Menetekels. Auf der anderen Seite scheint eine alte Erkenntnis („große Koalitionen machen die Ränder stark“) der AfD in die Karten zu spielen. Zugleich zeichnet sich ab, dass die nächste Koalitionsbildung schwierig und langwierig wird, wenn’s denn überhaupt gelingt. BERICHT UMFRAGE SIEHT . . ., TITELSEITE