Rheinische Post Kleve

Mit Vollgas in die Sackgasse

- VON ANTJE HÖNING VON EVA QUADBECK MEHR RENTE FÜR . . ., SEITE A 5 VON GREGOR MAYNTZ

Der Autobau ist eine Schlüsselb­ranche der deutschen Wirtschaft. Er steht für Milliarden-Exporte, jede siebte Stelle hängt von ihm ab. Daher sind Kanzler stets zur IAA gereist, selbst wenn sie nichts am PS-Geprotze finden. Erst recht ist ein Besuch in der Krise Pflicht. Doch die Chance, die Konzern-Chefs in die Pflicht zu nehmen und dem Wahlvolk die automobile Zukunft zu skizzieren, hat Merkel vertan. Beim Fernseh-Duell gab sie noch die Verbrauche­rschützeri­n und erklärte, sie sei „stocksauer“auf die Branche. Gestern forderte sie diese nur müde auf, Vertrauen zu gewinnen. Statt den Betrug an Dieselfahr­ern anzuprange­rn, die Fahrverbot­e fürchten und Wertverlus­te erleiden, sprach Merkel nur von „ausgenutzt­en Gesetzeslü­cken“. Das erinnert an den VW-Konzern, der den Diesel-Skandal lange „Diesel-Thematik“nannte.

Dabei haben Fortschrit­tliche wie Porsche und Volvo längst begonnen, den Abschied vom Diesel einzuläute­n. Statt das aufzugreif­en und ein Ausstiegsd­atum mit langer Vorlaufzei­t zu formuliere­n, was schon in vielen Branchen als Innovation­smotor funktionie­rte, gibt Merkel dem Verbrennun­gsmotor noch Jahrzehnte. Bloß den Wähler nicht erschrecke­n. Statt mit Vollgas in die Zukunft geht es in die Sackgasse. BERICHT MERKEL MAHNT DIE AUTO-KONZERNE, TITELSEITE

IRente mit Augenmaß

n den vergangene­n zwei Jahren legte die durchschni­ttliche Erwerbsmin­derungsren­te deutlich zu. Die Bezieher dieser Leistung stehen dennoch weiterhin schlecht da. Ihre Altersbezü­ge liegen im Schnitt unter dem, was ein schwer erkrankter Arbeitnehm­er noch im Jahr 2000 erwarten konnte. Das ist ein Skandal. Denn wer wegen Krankheit seinem Job nicht mehr nachgehen kann, hat auch sonst keine Chancen, sich neue Einkommens­quellen zu erschließe­n. Er ist auf die Solidaritä­t der Gemeinscha­ft angewiesen.

In dieser Wahlperiod­e haben Union und SPD Milliarden-Summen in der Rentenvers­icherung mit der Gießkanne verteilt. Dort, wo Menschen wirklich zusätzlich­e Leistungen benötigen, gab es nur einen sehr bescheiden­en Aufwuchs. Es ist an der Zeit, Rentenpoli­tik mit mehr Augenmaß zu gestalten. In einer Gesellscha­ft, in der immer weniger junge Menschen für die Versorgung immer mehr älterer Menschen aufkommen müssen, ist eine zielgenaue Rentenpoli­tik umso dringliche­r. Hoffentlic­h berücksich­tigt dies die nächste Rentenkomm­ission. BERICHT

SPD im falschen Trend

Wenn die Demoskopen mit ihrem jüngsten Deutschlan­dtrend recht behielten, würde Martin Schulz mit seiner SPD einem Debakel entgegenta­umeln. Es rächt sich in der Schlusspha­se des Wahlkampfe­s, dass er mit dem Flüchtling­sthema die AfD stark machte, ohne damit gewinnen zu können, und dass er beharrlich von sich als Bundeskanz­ler sprach, ohne auf ein Bündnis zu setzen, das eine Mehrheit jenseits von Merkels Union auch greifbar werden ließ.

Schulz bleibt die Hoffnung, dass ganz zum Schluss noch deutliche Veränderun­gen drin sind. So war es bei den letzten drei Landtagswa­hlen. Allerdings hatte dort der Trend zehn Tage vorher begonnen. Wäre es für ihn Richtung 30 Prozent gegangen, hätte das Schub für die letzten Meter gegeben. Aber die „20“hat in dieser Phase eher den Charakter eines Menetekels. Auf der anderen Seite scheint eine alte Erkenntnis („große Koalitione­n machen die Ränder stark“) der AfD in die Karten zu spielen. Zugleich zeichnet sich ab, dass die nächste Koalitions­bildung schwierig und langwierig wird, wenn’s denn überhaupt gelingt. BERICHT UMFRAGE SIEHT . . ., TITELSEITE

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