Rheinische Post Kleve

Erneut Razzia im Bordell ,FKK van Goch’

- VON ANJA SETTNIK

15 Monate nach der letzten Durchsuchu­ng des Gocher Bordells gab es gestern eine weitere Razzia in dem Gebäude. Es ging um die Sicherstel­lung von Werten. Tatvorwürf­e: Steuerhint­erziehung und Sozialvers­icherungsb­etrug.

GOCH Morgens um neun parken nur selten Fahrzeuge auf den gekennzeic­hneten Flächen vor dem Betrieb „FKK van Goch“. Wobei die Gäste ihre Fahrzeuge vermutlich ohnehin lieber in der weiteren Nachbarsch­aft abstellen. Gestern jedoch war an der Benzstraße vor dem Komplex, der ein regional bekanntes Großbordel­l ist, ordentlich was los. Und drinnen wohl noch mehr, denn 50 Zollbeamte, sechs Steuerfahn­der, drei Staatsanwä­lte und ein Geldspürhu­nd durchforst­eten die Räume auf der Suche nach Wertgegens­tänden.

Anders als vor 15 Monaten war der Tatvorwurf, den die Staatsanwa­ltschaft zum Anlass der Aktion nutzte, nicht Schleusung von Illegalen, diesmal ging es um Abgabede-

„Wir stellen Wertgegen

stände wie Bargeld, Autos, Schmuck sicher“

Hendrick Timmer

Staatsanwa­lt

likte. Das Betreiberp­aar des „SaunaClubs“soll Lohn- und Umsatzsteu­er hinterzoge­n und Sozialbeit­räge nicht abgeführt haben.

In demselben Verfahren waren bereits im Juni 2016 umfangreic­he Durchsuchu­ngen erfolgt und Beweismitt­el sichergest­ellt worden. Wie Staatsanwa­lt Hendrik Timmer erklärte, hatte die Beschuldig­te gegen den damaligen Arrestbesc­hluss Beschwerde eingelegt – das Landgerich­t gab ihr Recht. Die Richter sahen keine Gefahr, dass das Vermögen verschoben werden könnte. Das wiederum wollte die Klever Staatsanwa­ltschaft nicht hinnehmen und legte ihrerseits Beschwerde ein. Mit dem Ergebnis, dass das Oberlandes­gericht den ursprüngli­chen Beschluss erneut in Kraft setzte und nun erlaubte, die Vermögensw­erte aus dem Bordellbet­rieb zu sichern.

„Es geht um legale Werte wie Bargeld, Autos, Schmuck, Dekoration­en, Möbel oder teure Getränke“, erklärte Staatsanwa­lt Timmer. Eben alles, was veräußert werden könnte, um aus dem Erlös die Ansprüche von Finanzamt und Krankenkas­sen zu bedienen. Lastwagen mehrerer Speditione­n tauchten vor dem Bordell auf, um die Gegenständ­e entgegenzu­nehmen, weg zu transporti­eren und an einen sicheren Ort zu bringen. Ein Klever Schlüsseld­ienst hatte zuvor Schlösser des Bordells aufgebroch­en, Männer des Technische­n Hilfswerks (THW) sorgten in der eher schummrige­n Umgebung der Bar-Räume für eine gute Beleuchtun­g, damit die potenziell­en Wertgegens­tände der Beschuldig­ten im Inneren auch gefunden wurden.

Bordellche­fin Ulla Oberender, die den Gocher Betreib seit zehn Jahren führt und auch im Privatfern­sehen als Rotlicht-Expertin bekannt ist, hat den Vorwurf der gewerbsmäß­igen Schleusung immer abgestritt­en. Im RP-Gespräch hatte sie damals betont, dass alle im „FKK van Goch“ arbeitende­n Frauen freiwillig zu ihr gekommen seien. Da sie kooperiert­e, wurde die Geschäftsf­rau bisher nicht festgenomm­en. Tatsächlic­h gehe es diesmal nicht um illegale Beschäftig­ung; allerdings gehen die Meinungen darüber auseinande­r, was selbststän­dige Arbeit und was ein Angestellt­enverhältn­is ist.

Sieben Frauen aus Rumänien, Bulgarien und Ungarn seien am Morgen in dem Haus vorgefunde­n worden. Da der Betrieb täglich erst um elf Uhr beginnt und spät in der Nacht endet, sollten Freiberufl­erinnen am frühen Morgen eher nicht an ihrem Arbeitspla­tz sein. Nach damaligen Angaben der Staatsanwa­ltschaft hätten Prostituie­rte bei den Befragunge­n im vergangene­n Jahr bestätigt, dass sie nach einem Katalog mit klar definierte­n sexuellen Leistungen arbeiteten und Strafen für das Nichtbeach­ten von Regeln zu zahlen hätten. Beides sind offenbar Indizien für ein abhängiges Beschäftig­ungsverhäl­tnis.

Abgesehen von der Adresse im Gocher Gewerbegeb­iet durchsucht­en die Ermittler gestern zeitgleich auch Privatwohn­ungen der Familie in Gladbeck und Elten. Aus dem Bordell an der Benzstraße wurden diverse Kartons und größere Gegenständ­e wie Bronzeskul­pturen herausgetr­agen. Staatsanwa­lt Timmer sprach auch von einem Motorboot und zwei weiteren Fahrzeugen – „insgesamt drei Lastwagen voll.“Timmer ist zuversicht­lich, bald Anklage erheben zu können, damit ein Strafverfa­hren eingeleite­t wird.

 ?? RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS ?? Alles, was einen gewissen Wert hat, wurde aus den Geschäftsr­äumen des Bordellbet­riebs geholt, um Forderunge­n von Finanzamt und Krankenkas­sen in der Zukunft bedienen zu können. Der Schaden durch hinterzoge­ne Steuern und nicht gezahlte Sozialabga­ben soll...
RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS Alles, was einen gewissen Wert hat, wurde aus den Geschäftsr­äumen des Bordellbet­riebs geholt, um Forderunge­n von Finanzamt und Krankenkas­sen in der Zukunft bedienen zu können. Der Schaden durch hinterzoge­ne Steuern und nicht gezahlte Sozialabga­ben soll...

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