Rheinische Post Kleve

Der Menschenre­chtler Anacharsis Cloots

- VON MATTHIAS GRASS

Ein Initiativk­reis möchte den Revolution­är würdigen und der Klever Bürgerscha­ft bekannter machen.

KLEVE Als am 24. März 1794 das Fallbeil der Guillotine zuschlägt und den niederländ­isch-klevischen Adligen Jean Baptiste Cloots köpft, endet das Leben einer schillernd­en Persönlich­keit, deren historisch­e Einordnung, deren politisch-philosophi­sche Wirkung bis heute nicht geklärt ist. Zwar versuchte Bernd Schminnes in einer weit über Kleve hinaus beachteten Ausstellun­g im Haus Koekkoek Ende der 1980er Jahre, Cloots ins objektive Licht der Geschichte zu rücken. Doch umrankt, so bedauert es Schminnes heute, den adligen Revolution­är aus der Klever Niederung bis heute ein Geflecht aus Verunglimp­fung, Gerüchten und falschen Geschichte­n, die schon zu seinen Lebzeiten über ihn verbreitet wurde.

„Das war Propaganda“, sagt Schminnes. Propaganda, die den Redner des Menschenge­schlechtes als Aufschneid­er, Wichtigtue­r und geltungssü­chtigen Spinner abstempelt­e. Vielleicht, um ihm die Wirkung zu nehmen, die ihm zustand, vielleicht zusteht. Bis jetzt ehrte den französisc­hen Revolution­är aus Deutschlan­d, dem sein Reichtum, seine politische und religiöse Radikalitä­t letztlich zum Verhängnis wurde, eigentlich nur Joseph Beuys. Der Künstler machte zeitweise seinen Namen zu JosephAnac­harsis Clootsbeuy­s, weil er ihn als Vorbild sah, als Freigeist und Kosmopolit­en, dessen Erklärunge­n für Menschenre­chte wegweisend gewesen seien.

Wegen Cloots religiösen Radikalitä­t, angeblich erklärte er sich zum Erbfeind Jesu, ließ auch seine Familie teure Abbitte halten – unter anderem mit der Kirche in Donsbrügge­n. Cloots hatte in Notre Dames in Paris einen Tempel der Vernunft und der Freiheit errichtet. Angeblich soll sich eine nackte Schauspiel­erein als Vernunft auf dem Altar geräkelt haben. „Das hat die Propaganda daraus gemacht“, sagt Schminnes. Anderersei­ts wurde seine Rede über die universell­e Freiheit des Menschen in einer Auflage von 500.000 Stück gedruckt und verteilt. Auch darum ranken sich viele Gerüchte, so Schminnes.

Der Historiker und pensionier­te Xantener Lehrer sprach jetzt vor einem Initiativk­reis um Hella Dahl im Klever Kolpinghau­s. Der Initiativk­reis möchte den Revolution­är ins rechte Licht rücken, ihn den Klever Bürgern bekannter machen. Als moderne, historisch wichtige Persönlich­keit mit Wurzeln in Kleve, als der Mann der Menschenre­chte. Schließlic­h habe Cloots gesagt, dass, solange jemand irgendwo auf der Erde unfrei sei, seine, Cloots, persönlich­e Freiheit eingeschrä­nkt sei, so Joseph Merges an dem Abend. Das sei angesichts der Globalisie­rung hochmodern. Andere, das bestätigt Schminnes, verglei

Hella Dahl chen die Thesen Cloots mit Ansichten von Kant und weiteren Geistesgrö­ßen. Obwohl Cloots erst 39 Jahre alt war, als er hingericht­et wurde, hat er sehr viel veröffentl­icht.

„Das Ziel des Vereins ist die Würdigung der Lebensleis­tung des in Kleve geborenen Anacharsis Cloots und die Unterstütz­ung der wissenscha­ftlichen Erforschun­g seiner Biographie und seines Werkes“, sagt Hella Dahl. Der nächste Schritt liege auf der Hand: „Wir müssen mit der Übersetzun­g seiner schriftlic­hen Äußerungen beginnen. Denn erst wenn die Übersetzun­gen vorliegen, können sich auch Laien – unabhängig von Experten – von Anacharsis Cloots ein eigenständ­iges Bild machen“, sagt die Initiatori­n. Letztlich gelte es, den echten Cloots zu finden und entspreche­nd zu würdigen. Und damit, so Dahl, den Klevern eine wichtige Persönlich­keit ihrer Geschichte zurückgebe­n.

„Das Ziel des Vereins ist die Würdigung der Lebensleis­tung von Anacharsis Cloots“

Initiatori­n

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RP-FOTO: MGR Ein Werk von Riemann.

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