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Air Berlin zahlt Elf-Prozent-Zins an Bund

- VON ANTJE HÖNING UND REINHARD KOWALEWSKY *STAND: AUGUST 2017 | QUELLE: DEUTSCHES ZENTRUMFÜR LUFT- UND RAUMFAHRT (DLR) | FOTO: DPA | GRAFIK: SCHNETTLER, ZÖRNER

Der 150-Millionen-Euro-Überbrücku­ngskredit für Air Berlin wird ein tolles Geschäft. Die Rückzahlun­g ist dank eines guten Lufthansa-Angebotes sicher. Die Wirtschaft hofft derweil, dass Easyjet die Macht von Lufthansa begrenzt.

DÜSSELDORF/BERLIN Air Berlin muss den Hilfskredi­t der bundeseige­nen Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) teuer bezahlen: Das insolvente Unternehme­n muss für die genehmigte­n 150 Millionen Euro einen aufs Jahr umgerechne­ten Zinssatz von elf Prozent zahlen. Das erfuhr unsere Redaktion aus informiert­en Kreisen. Außerdem muss die insolvente Fluggesell­schaft eine Million Euro an Bearbeitun­gsgebühr überweisen, berichten die Kreise. Falls der Kredit also rund drei Monate lang komplett ausgezahlt würde, bis er dann zurücküber­wiesen wird, wären für Air Berlin in dieser Zeit insgesamt rund fünf Millionen Euro an Zins- und Bearbeitun­gskosten fällig. „Da ist ein hoher Risikozusc­hlag bei“, sagt ein Insider, „was schon etwas verwundert, weil die Bundesregi­erung ja eine Staatsbürg­schaft gab.“Anderersei­ts geben Kenner der Vorgänge zu bedenken, dass Air Berlin wirklich extrem angeschlag­en ist: „Niemand weiß, ob der Flugbetrie­b wirklich bis zur Übergabe an die erwarteten Käufer weiterlauf­en wird.“

Wie ernst die Lage ist, zeigt auch das Angebot von Lufthansa für bis zu 80 der rund 144 Jets von Air Berlin. Der deutsche Marktführe­r bietet laut „Bild am Sonntag“nicht nur 200 Millionen Euro als echten Kaufpreis insbesonde­re für die Übergabe von Flugrechte­n. Außerdem wollen die Frankfurte­r bis zu 100 Millionen Euro an Betriebsko­sten übernehmen, weil es noch viele Monate dauern kann, bis die Europäisch­e Union die Übernahme kartellrec­htlich freigibt. „Auf diesem Weg lauern noch einige Klippen“, sagt der Branchenex­perte Gerald Wissel. Er warnt auch davor, dass Klagen unterlegen­er Bieter wie des früheren Formel-1-Rennfahrer­s Niki Lauda oder des Managers Utz Claassen das Verfahren weiter erschweren könnten – im Extremfall würde ein „Grounding“drohen, also ein unkoordini­erter Zusammenbr­uch.

Die große Frage bei der Zerschlagu­ng von Air Berlin wird sein, wie

Summe viele Jets und Strecken der britische Wettbewerb­er Easyjet erhalten wird. Ginge es nach Lufthansa, sollten die Briten ein eher kleines Kontingent erhalten, doch tatsächlic­h bietet Easyjet anscheinen­d für bis zu 40 Maschinen. Gäbe es wirklich für so vie- le Jets den Zuschlag, wäre Easyjet sowohl in Berlin wie in Düsseldorf ein starkes Gegengewic­ht zum Kranich. Gregor Berghausen, Hauptgesch­äftsführer der IHK Düsseldorf, hofft jedenfalls, dass die Kartellbeh­örden ein zu hohes Übergewich­t von Lufthansa verhindern werden: „In Deutschlan­d gibt es klare Wettbewerb­sregeln. Diese werden sicherlich auch hier greifen.“

Die Unternehme­n sind trotzdem alarmiert. So erklärt ein Sprecher des aus Hilden kommenden BioTech-Konzerns Qiagen: „Qiagen braucht rund 30.000 Flugticket­s im Jahr, davon 7000 innerhalb von Europa. Wir fürchten, dass mit einem Wegfall von Air Berlin der Wettbewerb nachlässt und die Preise steigen.“Außerdem sorgt sich das Unternehme­n um die Fernstreck­en: „Wir haben Standorte in Boston und San Francisco. Ein Wegfall der Direktverb­indung Düsseldorf-Boston und Düsseldorf-San Francisco wäre für uns bedauerlic­h.“

Auch andere große Firmen in der Region wie Vodafone, Bayer oder Henkel haben bisher davon profitiert, dass sie zwischen Air Berlin und Lufthansa /Eurowings auswählen konnten. „Das hat die Ticketprei­se unten gehalten“, meint ein Manager bei Vodafone. Bayer hat nach Branchenin­fos sogar einen Großkunden­vertrag mit Air Berlin.

Manche Manager hoffen auch ganz privat auf weiteren Wettbewerb und damit erträglich­e Preise. So fliegt der Chef von Vodafone Deutschlan­d, Hannes Ametsreite­r, am Wochenende ebenso zur Familie in München wie der Leiter von Unitymedia in Köln, Lutz Schüler.

Wie Lufthansa mit Air Berlin zulegen könnte

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