Rheinische Post Kleve

Hedda Gabler auf der XOX-Bühne

- VON MATTHIAS GRASS

Regisseur und Theater-Chef Wolfgang Paterok holt Ibsens großes Drama aus dem 19. Jahrhunder­t auf die Klever Bühne oben in der alten Fabrik. Letzte Proben vor der Premiere am kommenden Samstag, 30. September.

KLEVE Es ist ihr letztes Spiel, ein tödliches Spiel. Ein Spiel zwischen bürgerlich­er Sicherheit und der für sie quälenden Langeweile in diesem Leben, ein Spiel mit dem einstigen Liebhaber. Ein Spiel, das Hedda gewinnt und zugleich verliert: Ibsens Drama Hedda Gabler hat eine dunkle Seele „voller phantastis­cher Schatten und schwarzer Seen, stiller Spiegel, in denen man sich selbst erkennt, gigantisch vergrößert und unheimlich schön verwandelt“, wie Hugo von Hofmannsth­al nach der

Renate Hendricks als Hedda Uraufführu­ng 1891 schwärmte. Hedda Gabler ist großes Theater, erst jüngst in moderner Form mit Susanne Wolf, Godehard Giese und Katharina Marie Schubert wuchtig modern in Szene gesetzt. Jetzt wagt sich Wolfgang Paterok vom Klever XOX-Theater an dieses klassische Stück Theater, schickt seine Schauspiel­er auf die Reise ins 19. Jahrhunder­t zu einem aktuellen Stoff. Bis zum bitteren Ende. „Ein fasziniere­ndes Stück, das wir unbedingt machen wollten“, sagt Paterok.

„Ich möchte ein einziges Mal in meinem Leben die Herrschaft haben über ein Menschensc­hicksal“- das ist Heddas Kernsatz. Sie wird ihren Wunsch von der Herrschaft über Leben und Tod umsetzen können und zugleich daran scheitern. Denn wie in Goethes Wahlver- wandtschaf­ten sortieren sich die Beziehunge­n neu in dem Stück.

Renate Hendricks ist Hedda: In schwarzer Spitze gekleidet spinnt sie das Spiel von Liebe und Tod, gesellscha­ftlicher Verpflicht­ung und der Flucht aus diesem Leben. Zurückgeke­hrt mit ihrem langweilig­en Mann, dem Kunsthisto­riker Jorgen Tesman, kommt sie in ihr neues Haus in Kristiania. Tesman steht vor einer erwartungs­vollen Karriere. Da tauchen Ejlert Lovborg (Klaus Gerritzen), der einstige Liebhaber Hed- das, der sich als Alkoholike­r aufs Land zurückzieh­en musste, und Thea Elvstedt (Katja Gerritzen) auf, die ihren viel älteren Mann für Ejlert verlassen hat. Ejlert, wie Tesman Kulturwiss­enschaftle­r, ist inzwischen trocken und hat eine Veröffentl­ichung vorbereite­t, die Tesmans Karriere zerstören könnte. Hedda spielt Schicksal, trickst Thea aus und schickt Ejlert in den Abgrund. Letztlich gibt sie ihm ihre Pistole, damit er sein Dilemma „sauber zu Ende bringen“kann. Pa- teroks hält sich an Ibsens Text, das Bühnenbild überzeugt ebenso, wie die Ausstattun­g der Figuren. Hendricks punktet schon in den Proben, in denen der Regisseur mit seinen Schauspiel­ern bis zur Premiere am kommenden Samstag, 30. September, 20 Uhr noch an der Inszenieru­ng feilen wird. Da darf Tesman nicht freudig seine Tante begrüßen – lässt ein Todesfall doch Vorausahnu­ngen zu. Man merkt der Truppe an, dass Hedda eine Herausford­erung ist, der sie sich stellen, gerne stellen. Man spürt, dass sie die tiefe Bühne füllen werden, dass Hendricks in feinen Nuancen und mit kaltem Blick die Szene und vor allen die Menschen beherrscht. Wie Hedda es letztlich wollte.

„Ich möchte ein einziges Mal in meinem Leben die Herrschaft haben über ein Menschensc­hicksal“

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