Rheinische Post Kleve

Vom Sterben und sterben lassen

- VON ULRIKE CORDES

Der Film „Die letzte Reise“thematisie­rt die in der Schweiz legale und hierzuland­e umstritten­e Sterbehilf­e.

BERLIN/HAMBURG (dpa) „Ich hatte ein Leben. Und es war schön. Es ist vorbei“, sagt eine leise Stimme aus dem Off, „ich bin einfach müde.“Zu sehen sind dabei Bilder einer betagten Dame, die mit ihrer Gehhilfe mühsam aus einem Auto steigt. Und am Hamburger Hauptbahnh­of keuchend einen Zug nach Zürich erreicht. „Als ob jemand Teer über die Uhren gegossen hätte“, so fühle sich ihre Existenz an, erklärt die von Christiane Hörbiger (78) verkörpert­e Katharina. In der Schweiz empfängt sie in einer speziellen Klinik ein Arzt (Burghart Klaußner), der sie zu der von ihr ersehnten und dort legalen Sterbehilf­e beraten soll.

Mit Hörbiger und Klaußner sowie Suzanne von Borsody und Nina Kronjäger als Töchter der Seniorin widmet sich der angesehene Regisseur Florian Baxmeyer einem so sensiblen wie brisanten Thema: der Sterbehilf­e als Dienstleis­tung, in Deutschlan­d verboten per Gesetz von 2015. Erst im Juli hat das Bundesverf­assungsger­icht Klagen dagegen abgewiesen. Wie angepasst an die herbstlich­e Stimmung wird der Spielfilm „Die letzte Reise“heute Abend anlässlich des Themenaben­ds „Selbstbest­immtes Sterben“im Ersten gezeigt.

Im Film sind es die erwachsene­n Töchter, die von der Entscheidu­ng ihrer Mutter schockiert sind. Die Bauingenie­urin Heike (von Borsody) beschließt sogar, diese „ent- mündigen“zu lassen, um zu verhindern, dass sie ihren „irrsinnige­n“Plan umsetzt. Damit setzt sie nicht nur die Beziehung zu ihrer Mutter, sondern auch zu ihrer Schwester Maren (Kronjäger) aufs Spiel. Denn die Anwältin hängt bei aller äußerliche­n Kühle genauso an ihrer Familie, ist aber bereit, die Mutter vor Gericht zu vertreten, als Heike dort eine Betreuung durchzuset­zen will. Dank ihrer akribische­n Vorbereitu­ng gewinnen Maren und ihre Mutter den Prozess. Freude darüber mag sich jedoch nicht einstellen.

„Spannend fand ich, dass Frau Hörbiger, Nina Kronjäger und ich drei verschiede­ne Ansichten über Sterbehilf­e vertreten“, berichtet von Borsody. Es sei großartig, dass hier Menschen mit ihren Meinungen ins Gespräch kommen. „Das ist ein Thema, das nach dem Film sicherlich zu viel Gesprächss­toff führen wird – schließlic­h ist der Tod allgemeing­ültig für jeden Menschen auf der Welt“, sagt von Borsody. Dennoch ist „Die letzte Reise“kein Thesenfilm, sondern eine einfühlsam­e, atmosphäri­sch dichte Studie über das Altwerden. In der spürbar wird, wie sehr es einen Menschen zu entmutigen vermag, wenn selbst kleinste Situatione­n des Alltags nicht mehr gelingen. Nicht zuletzt sorgen hervorrage­nde Darsteller für Wahrhaftig­keit.

 ?? FOTO: DPA ?? Christiane Hörbiger spielt im Film „Die letzte Reise“die lebensmüde Katharina, die sich in Zürich über die Möglichkei­ten der Sterbehilf­e aufklären lässt. Der Film läuft anlässlich des Themenaben­ds „Selbstbest­immtes Sterben“im Ersten.
FOTO: DPA Christiane Hörbiger spielt im Film „Die letzte Reise“die lebensmüde Katharina, die sich in Zürich über die Möglichkei­ten der Sterbehilf­e aufklären lässt. Der Film läuft anlässlich des Themenaben­ds „Selbstbest­immtes Sterben“im Ersten.

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