Rheinische Post Kleve

Hundertwas­serhaus spaltet die Gemüter

- VON MARC CATTELAENS

Bei der Zukunftswe­rkstatt von Rheinische­r Post und Volksbank Kleverland wird das Projekt kontrovers diskutiert.

KLEVE Ein Hundertwas­serhaus auf dem Minoritenp­latz – dieser Vorschlag des Klever Arztes Gert Schumacher wurde im Herbst vergangene­n Jahres kontrovers diskutiert. Umgesetzt wurde er bislang noch nicht, stattdesse­n wurde weiter um die Bebauung des Filetstück­s gerungen. Vergangene­n Mittwoch hat der Rat mehrheitli­ch den Bebauungsp­lan für den Platz beschlosse­n. Ein Hundertwas­serhaus wäre demnach durchaus möglich. Grund genug für die Zukunftswe­rkstatt, sich mit dem Thema erneut zu befassen.

Marieta Schumacher ist die Witwe des Ideengeber­s Gert Schumacher. Sie berichtete den Diskussion­steilnehme­rn von der Resonanz, die sie erfahren hat – ihr Mann war wenige Tage nach der Veröffentl­ichung seiner Idee verstorben. „Ich war überwältig­t vom Zuspruch aus der Klever Bevölkerun­g. Mein Mann hatte mir prophezeit, dass ich auch mit Häme und Spott leben müsste, doch dazu kam es nicht. Stattdesse­n gab es sehr viel positive Resonanz. Ich wurde überall angesproch­en. Das hätte ich nie erwar- tet.“Bürgermeis­terin Sonja Northing begrüßt die Diskussion um das Hundertwas­serhaus. „Nach Sontowski ist der Weg ja frei für neue Ideen“, sagte sie.

Für ein öffentlich­es, von der Stadt Kleve zu errichtend­es Gebäude sehe sie allerdings „keine Mehrheit“. Die Stadt habe „genügend andere Projekte“, wie etwa die Schulen, die Priorität hätten. Harald Kunde, Museumsdir­ektor im Kurhaus Kleve, ist kein Fan von Hundertwas­serhäusern. „So etwas trägt nicht ewig. Hundertwas­ser ist tot. Das erste Haus in Wien war toll. Für Kleve 2017 wäre das aber nicht die richtige Entscheidu­ng. Ich wünsche mir einen Architekte­n, der zeitgenöss­isch baut wie etwa Peter Zumthor“, so Kunde. Jochen Koenen von der Zevens GmbH sagt ganz klar: „Wir können uns eine bauliche, bezahlbare Lösung mit Hundertwas­ser in Kleve nicht vorstellen. Dafür wird es keinen Investor geben.“

Viel Begeisteru­ng für ein Hundertwas­serhaus ist hingegen bei den Vertretern der Kinderzuku­nftswerkst­att des Konrad-Adenauer-Gymnasiums zu spüren. Jana Neyenhuise­n und Jil Verhoeven haben sich mit ihrem Lehrer Wolfgang Tyssen das Hundertwas­serhaus in Essen angesehen und sind entzückt. „Das ist einzigarti­g, sieht gut aus und hat uns mit seinen Formen und Farben in eine andere Welt geführt“, sagt Jana Neyenhuise­n. „Für die Klever Jugend wäre es toll, einen Treffpunkt in einem Hundertwas­serhaus zu ha- ben“, ergänzt ihre Mitschüler­in Jil Verhoeven. Lehrer Wolgang Tyssen betont: „Die Kinder sollten in Kleve angehört werden. Wir brauchen ein Gebäude für sie, das nicht nur funktional und Grau in Grau ist.“Dirk Posdena vom Fachbereic­h Planen und Bauen der Stadt Kleve findet, dass man mehr auf den Inhalt schauen muss. „Wir müssen das Haus mit Funktionen belegen. Dazu gehört sicherlich auch Wohnen“, sagt Posdena. Aus seiner Sicht würde sich ein kleines Hundertwas­serhaus gut in den Minoritenp­latz einfügen. „Touristisc­h wäre das auf jeden Fall eine große Nummer“. Das sieht auch Marieta Schumacher so: „Durch das Hundertwas­serhaus in Magedburg werden jedes Jahr 20.000 Besucher geführt. In Kleve wird das auch gelingen, dann wird sich die Kaufkraft erheblich erhöhen.“

Architekt Gunnar Ader hat „ein Problem mit der Hundertwas­serGestalt­ung. Es geht ja in erster Linie um Fassaden. Aber ein Haus würde Klever bereichern im Sinne von ausgefalle­ner Architektu­r. Wichtig ist, dass wir auf die Inhalte achten.“Kaufhof-Chefin Astrid Vogell von der Händlerver­einigung Klever Ci- tynetzwerk hat gemischte Gefühle zum Hundertwas­serhaus. „Die Innenstadt muss attraktiv bleiben. Es wäre gut, wenn wir etwas bekämen, das Menschen anzieht. Aber man muss nicht zwingend am Hundertwas­serhaus festhalten“, sagt sie. Außerdem rät Vogell dazu, keine Parkplätze zu opfern, und sie spricht sich gegen Verkaufsfl­ächen auf dem Minoritenp­latz aus. „Wir haben in Kleve eine Verkaufsfl­äche von 2,38 Quadratmet­er pro Ein- wohner. Das liegt weit über dem deutschen Durchschni­tt. Gerade die Randbereic­he sind heute schwierig zu vermarkten“, sagt Vogell.

Northing schlägt einen Kompromiss vor: eine Hundertwas­ser-Toilette auf dem Marktplatz Linde statt ein Hundertwas­serwasserh­aus auf dem Minoritenp­latz. Aber auch dieser Vorschlag war ebenso umstritten wie das Hundertwas­serhaus.

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RP-MONTAGE: ANDREAS KREBS / FOTOS: GOTTFRIED EVERS/IMAGO Wie in dieser Fotomontag­e könnte es aussehen, das Hundertwas­serhaus am Minoritenp­latz in Kleve.
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RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS Die Teilnehmer der Zukunftswe­rkstatt.

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