Rheinische Post Kleve

Mit Martin Lersch durch die Kunstgesch­ichte

- VON MATTHIAS GRASS

85 Menschenbi­lder im Rathaus der Gemeinde Bedburg-Hau stehen für Mitarbeite­r und Ratsmitgli­eder.

BEDBURG-HAU In der Linken die Reisetasch­e und den Regenschir­m, auf dem Kopf die wärmende Mütze, ein gelbes Sakko verdeckt nur ungenügend den Wohlstands­bauch: Carl Spitzwegs „Besuch auf dem Land“wird von einem struppigen Hund vorsichtig beschnuppe­rt. Der in Goch lebende Maler und Zeichner Martin Lersch hat den Biedermeie­rMann in frischen Farben ins Hier und Jetzt geholt. Er hängt unten im Entree des Bedburg-Hauer Rathauses und weist auf die Treppe, leitet mit der offenen Hand in die Ausstellun­g, die Lersch im Rathaus eingericht­et hat. 85 Menschenbi­lder stehen bis 23. November hier stellvertr­etend für die Mitarbeite­r des Hauses und die Ratsmitgli­eder. 28 Männer und 33Frauen hängen auf den Fluren und in den öffentlich­en Räumen als die Mitglieder der Verwaltung, 22 Männer und vier Frauen im Ratssaal für die Ratsmitgli­eder.

Alle Porträts stammen aus der Kunstgesch­ichte. Seit vier Jahren, es begann im Herbst 2013, sucht Lersch Menschen in Bildern diverser Epochen, um sie zu malen. Oft sind es nur kleine versteckte Personen, die die berühmten Maler von der Renaissanc­e übers Biedermeie­r, über Expression­ismus bis in die Moderne in ihre Gemälde gesetzt haben, die Lersch anregen, sie aus dem Gemälde herauszuho­len und sie in seinem Strich, aber im Stil der jeweiligen Epoche, zu malen. „Ich liebe Bilder malen“, sagt Lersch und so titelt die Ausstellun­g in einem Sprachmix „J’aime Pictures malen“.

Es entsteht ein wunderbare­r Rundgang durch die Jahrhunder­te, man darf raten, von wem die Vorlagen der Porträts stammen, die Lersch in Öl auf Papier malte: Da ist der italienisc­he Surrealist de Chiri- co, da ist der Gebhardt, da sind die Kunstfigur­en Gilbert und George oder der Bildhauer Stephan Balkenhol, dessen Eiserner Mann fest in Kleve verankert ist. Es fehlen nicht die Expression­isten oder der Schweizer Ferdinand Hodler.

Aber wer soll wer sein? Zwar haben die Mitarbeite­r bereits ihre Lieblinge ausgesucht, in denen sie sich sehen – wollen es aber nicht verraten, wie Roswitha Albrecht vom Vorzimmer des Bürgermeis­ters. Nur Peter Driessen ist der Spitzweg zugeordnet. Der Bürgermeis­ter nimmt’s geschmeich­elt, sind Spitzwegs Menschen doch freundlich­e Figuren. Ob die dunkle Ernste im Ratssaal CDU-Fraktionsc­hefin Silke Gorissen sein soll? „Ich habe da keine besonderen Zuordnunge­n. Es sollte nur die Anzahl der Männer- und Frauenport­räts stimmen“, sagt Lersch und grinst. Ernst fügt er als Angebot hinzu: „Wenn jemand kommt, und sagt, ich möchte im Stil einer bestimmten Epoche porträtier­t werden – das würde ich machen. Das wäre eine schöne Auftragsar­beit“.

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RP-FOTO: MGR Martin Lersch vor der Wand der Ratsmitgli­eder.

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