Rheinische Post Kleve

WOCHENENDE 14./15. OKTOBER 2017

- VON ANNETTE BOSETTI

Donnerwett­er! In der Bundeskuns­thalle gibt es den aktuellen Wetterberi­cht aus künstleris­cher wie aus wissenscha­ftlicher Sicht: Die neue Ausstellun­g ist eine Wunderkamm­er mit Kunst, Korallen, Messgeräte­n und einem Faradaysch­en Käfig.

„Morgendämm­erung – Dawn“. Was für schöne Worte. Welch kostbarer Moment des Tages. Tautropfen haben sich auf Tannenspit­zen gelegt, bald wird die Sonne sie auflösen. Und der Tag schiebt die Morgendämm­erung weg. Mit aller Macht. Diesem feinen Moment am Morgen gehört das Präludium in der Bundeskuns­thalle. Der ersten Station von zwölf, dem Tageslauf nachempfun­den. Mit Kunst, Technik und Wissenscha­ft ausgeleuch­tet.

„Wetterberi­cht. Über Wetterkult­ur und Klimawisse­nschaft“heißt die originelle Ausstellun­g, die aus künstleris­cher, kulturgesc­hichtliche­r und wissenscha­ftlicher Sicht einen überrasche­nden Zugang zum Thema Wetter bietet. In eine riesige Wunderkamm­er wurden die Museumsräu­me verwandelt mit Hunderten Exponaten von höchster Qualität: Gemälde, Skulpturen, Fotografie­n, steinerne Zeugnisse und VotivTafel­n, einzigarti­ge Messgeräte, Schirme und Zeugnisse menschlich­er Zivilisati­on, die von dem oft feindliche­n Verhältnis zwischen Mensch und Wetter geprägt sind. Darunter findet sich eine Zange zur Amputation von abgefroren­en Zehen. In einer Vitrine steht der Fußballsch­uh von Fritz Walter, der dank seiner damals neu erfundenen Regenstoll­en Deutschlan­d die Weltmeiste­rschaft ermöglicht­e. Und selbst die abgewetzte Lederjacke von Rudi Dutschke ist museumsrei­f geworden. Als vielleicht banales Symbol dafür, dass man in kalten Zeiten eine wärmende Jacke braucht.

Zur spielerisc­hen Interaktio­n laden zahlreiche Orte und Stationen Besucher jeden Alters ein. In der Wetterküch­e lässt sich das Weltwetter mit einem Joystick animieren, erleben und aktuell abrufen. Im Wetterstud­io der ARD erklärt Karsten Schwanke, wie Tricktechn­ik funktionie­rt in der Wettershow im Fernsehen. Der Diplom-Meteorolog­e, der auch Berater des KuratorenT­eams war, macht an jeder der zwölf Stationen eine Video-Ansage. Das meiste, was er mitteilt, ist wie das Wetter launig. Es stammt aus dem Lexikon des Aberglaube­ns.

Publikumsm­agnet der schon am Morgen sehr besuchten Ausstellun­g ist ein faradaysch­er Käfig, aus dessen Richtung sich das grollende Dauer-Donnerwett­er über die Ausstellun­g legt. Er ist die Attraktion mit langen Warteschla­ngen. In der Schule hat man gelernt, dass in einem solchen von Metall umgebenem Raum der Mensch vor Blitzschla­g geschützt ist. Jede halbe Stunde kann man seinen im Metallhand­schuh verpackten Arm in den Kasten hineinstec­ken. Dann muss man warten, um dem Blitz bildlich die Hand reichen zu können. Zusätzlich setzt man Kopfhörer auf. Klingt aufregend und einfacher, als es ist. Wenn sich die Blitze mit Riesenlärm im Dunkel entladen und ihre zackigen weißen Formen ins Schwarz jagen, erschrecke­n die meisten Besucher so sehr, dass sie schnell den Arm zurückzieh­en.

Das Wetter will man in Bonn erlebbar machen in seiner Faszinatio­n und Dimension. Eine Ausstellun­g, die nach dem Willen von Kurator Stephan Andreae berühren und erklären soll, dabei ein großer Spaß sein darf und am Ende doch lehrreich ist und nachdenkli­ch stimmt.

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