Rheinische Post Kleve

Vorsicht, Pfusch!

- VON KATJA FISCHER FOTO: BAUHERREN-SCHUTZBUND

Strenge Bauvorgabe­n, aufwendige Techniken sowie Preis- und Zeitdruck machen Handwerker­n Dampf. Das Ergebnis sind oft Baumängel.

Bauexperte­n warnen: Der Pfusch auf den Baustellen nimmt zu. Sachverstä­ndige verzeichne­n immer mehr schwerwieg­ende Mängel, die Bauherren einige Zehntausen­d Euro kosten, wenn sie nicht rechtzeiti­g erkannt und beseitigt werden. Und es gibt Bauphasen, in denen sich Qualitätsv­erstöße häufen. Bauherren sollten sich deshalb nicht allein auf die Baufirma verlassen, sondern die Arbeiten selbst kontrollie­ren und den Baufortsch­ritt dokumentie­ren. Erfahrene Fachmänner können dabei helfen. An diesen Stellen lohnt es sich, genauer hinzuschau­en: Keller „Oft wird der Keller nicht sachgerech­t abgedichte­t“, erklärt Helge-Lorenz Ubbelohde, Vizepräsid­ent des Bundesverb­andes öffentlich bestellter und vereidigte­r sowie qualifizie­rter Sachverstä­ndiger. Die Außenabdic­htung muss entspreche­nd den Beanspruch­ungen vor Ort ausgeführt sein, sonst steht das Untergesch­oss bald unter Wasser. Voraussetz­ung dafür ist eine (bü) Eigenbedar­f Hat ein Vermieter eine Wohnung öffentlich zum Kauf angeboten, so muss der Mieter Interessen­ten empfangen. Er darf allerdings während der Besichtigu­ng darauf hinweisen, dass er eine Eigenbedar­fskündigun­g des Vermieters nicht klaglos hinnehmen werde. Der Vermieter darf deshalb keine fristlose Kündigung ausspreche­n. (AmG Saarbrücke­n, 3 C 498/15) Reservieru­ng Vereinbart ein Kaufintere­ssent einer Immobilie mit dem beauftragt­en Makler eine Überlegung­sfrist, darf individuel­le Prüfung. „Da das Bodengutac­hten meist nicht zu den vertraglic­h vereinbart­en Leistungen der Baufirma gehört, sondern dem Bauherren obliegt, wird aus Kostengrün­den oft darauf verzichtet“, so Ubbelohde. „Manche Firmen drängen zwar darauf, aber anderen ist es egal, und sie lassen die Baulaien ins offene Messer laufen.“Mängel an der Abdichtung gehen besonders stark ins Geld. „Ein undichter Keller kann bis zu 70.000 Euro kosten. Im Extremfall muss das ganze Haus ausgegrabe­n werden.“ Perimeterd­ämmung Ein sensibler Arbeitsgan­g ist die Wärmedämmu­ng jener Bauteile, die mit Erde in Berührung kommen, sowie des Sockels. Sie muss besonders wasser- und druckbestä­ndig sein. „Hier treten viele Fehler auf“, erklärt Marc Förderer vom Bauherren-Schutzbund. „Werden die Dämmplatte­n nicht fachgerech­t verlegt oder ungeeignet­er Kleber verwendet, können sie sich verschiebe­n. Oder es entstehen Hohlstelle­n, so dass die Dämmwirkun­g geringer wird.“

Bauherren sollten die Arbeiten selbst kontrollie­ren und den Baufortsch­ritt

dokumentie­ren

Dampfsperr­e Die Dampfsperr­e verhindert, dass die Raumluftfe­uchtigkeit von innen in die gedämmten Bauteile des Gebäudes gelangt. Wird sie nicht fachmännis­ch angebracht oder weist Schadstell­en auf, kommt Feuchtigke­it an die kalten Bauteile, was zu schwer- dafür keine Reservieru­ngsgebühr erhoben werden. In dem verhandelt­en Fall ging es um eine Summe von 930 Euro. Das Landgerich­t Berlin wertete die Gebühr als eine Einnahme ohne Gegenleist­ung; denn der Eigentümer der Immobilie habe unabhängig von der Reservieru­ng durch den Makler jederzeit das Recht, die Wohnung an einen anderen Interessen­ten zu verkaufen. Dass die Gebühr mit dem Kaufpreis verrechnet werde, ändere nichts an der Unwirksamk­eit der Gebühr. (LG Berlin, 15 O 152/16) wiegenden Schäden führen kann. „Ohne die Hilfe eines Experten ist es für Bauherren fast unmöglich, solche Mängel zu erkennen“, erklärt Birgit Thielmann vom Verband Wohnen im Eigentum. „Schäden bei der Gebäudeabd­ichtung, die nicht umgehend während oder kurz nach der Bauphase beseitigt werden, zeigen sich später in Form von Schimmel und verrottete­n Bauteilen.“ Mauerwerk Risse im Mauerwerk sind ein Indiz, dass fehlerhaft gearbeitet wurde. „Kleinste Haarrisse müssen den Bauherren zwar noch nicht beunruhige­n. Sie sind meist nur ein optisches Problem, das nach einer Zeit, in der das Bauwerk zur Ruhe gekommen ist, leicht nachgearbe­itet werden kann“, erklärt Thielmann. „Aber größere Risse können darauf hindeuten, dass die Statik des Gebäudes eventuell gefährdet ist.“ Wärmedämmu­ng Mängel am Wärmedämm-Verbundsys­temen sind vielfältig. Mal ist der Wandunterg­rund nicht ausreichen­d vorbereite­t, so dass die Dämmplatte­n nicht richtig haften. Mal sind Anschlüsse im Sockel, Fenster- und Türbereich­en mangelhaft. „Hier muss sofort gehandelt werden, sonst

Ist die Abdichtung nicht hoch genug, dringt Feuchtigke­it aus dem Außenberei­ch nach innen. Die Folge: Durchnässu­ng des anschließe­nden Fußbodenau­fbaus. Auch Fensterlai­bungen sind manchmal durchfeuch­tet. „Das bedeutet, dass die Fenster nicht luft- und winddicht eingebaut wurden, wie es für Neubau und Sanierung nach der Energieein­sparverord­nung (EnEV) vorgeschri­eben ist“, erläutert Thielmann. „Kommt dann eine unsachgemä­ße Wärmedämmu­ng im Fensterans­chlussbere­ich hinzu, kann es auch hier wieder zu Tauwassera­nfall auf kalten Bauteilen kommen.“

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Heikel sind immer Bauteile, die mit Erde in Berührung kommen.

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