Frischer Kredit rettet Gardeur
Der Gladbacher Hosenhersteller kämpft um eine Zukunft nach der Insolvenz. Gestern gelang ein dringend benötigter erster Befreiungsschlag.
MÖNCHENGLADBACH Der Befreiungsschlag war fest eingeplant. Sogar eine Pressemitteilung hatten sie in Mönchengladbach schon vorbereitet. Überschrift: „Gardeur Gruppe bekommt neuen Eigentümer“. Doch dann entwickelte sich dieser Donnerstagabend Ende September anders als gedacht.
Gegen 21 Uhr stand fest, dass die Verhandlungen, die der traditionsreiche Mönchengladbacher Hosenhersteller mit einem potenziellen strategischen Investor geführt hatte, gescheitert waren. Und das, obwohl man sich laut Gardeur-Chef Gerhard Kränzle sogar schon auf einen Kaufpreis geeinigt hatte – und das Geld dringend brauchte. Denn die September-Gehälter hatten die nach eigenen Angaben rund 2000 Mitarbeiter bereits nicht mehr ausgezahlt bekommen.
Ein Jahr hatte Gardeur da bereits nach einem Investor gesucht. Statt Aufbruchsstimmung herrschte Ernüchterung – und Kränzle zog die Reißleine. Am 5. Oktober meldete das Unternehmen Insolvenz an.
Knapp zwei Wochen sind seitdem vergangen. Und der Blick geht nach vorn. Gestern konnte Gardeur mit einem Bankenkonsortium einen zweiten Massekredit abschließen, mit dem das operative Geschäft am Laufen gehalten werden soll. Massekredite können Unternehmen im Insolvenzverfahren beantragen. „Wir werden nun umgehend Lagerware und Ganzjahresware abrufen, die bereits fertig produziert ist“, heißt es bei Gardeur. Man werde dadurch auch die Frühjahrs- und Sommerkollektion bedienen können, die üblicherweise bereits zwischen Dezember und Januar ausgeliefert wird.
Bis Ende November, wenn die vorläufige Insolvenzphase endet, soll nun ein neuer Investor gefunden sein, da zeigt sich Insolvenzverwalter Biner Bähr optimistisch – und ohne einen solchen „wird es auch nicht gehen“. Die internationale Ausschreibung sei veröffentlicht, die Bewerbungsphase laufe an. Ob es sich am Ende um einen Finanzinvestor oder ein Unternehmen aus der Branche handelt, einen direkten Konkurrenten möglicherweise, sei unerheblich, sagt Gardeur-Chef Kränzle, der auch Mehrheitseigentümer des Unternehmens ist: „Viel wichtiger ist, dass der Investor die Produkt- und Mitarbeiterkultur des Unternehmens erhält, denn diese sind entscheidend für den Erfolg der Marke.“
„Wir werden umgehend Lagerware und Ganzjah
resware abrufen“
Eine Gardeur-Sprecherin über die Möglichkeiten durch den
zweiten Massekredit
Neben dem Kaufpreis bedürfe es einer Anschubfinanzierung, „um die Liquiditätslücke zu schließen und Gardeur nachhaltig gesund aufzustellen“.
Denn eine ganze Kette von Problemen hat laut Kränzle dafür gesorgt, dass sich die Situation bei Gardeur immer weiter zuspitzte:
Zunächst habe die Wirtschaftskrise in Russland den dortigen Marktführer stark getroffen, dann mussten auch noch die fünf größten Gardeur-Kunden im In- und Ausland Insolvenz anmelden, unter anderem Sinn Leffers und die niederländische Kette Adam. Dadurch seien rund 300 Verkaufsflächen innerhalb einer Saison inaktiv gewesen, so Kränzle.