Rheinische Post Kleve

Hohe Notkredite trotz Kommunal-Soli

- VON THOMAS REISENER

Kassenkred­ite der Kommunen lagen Ende des ersten Halbjahres immer noch bei 26,5 Milliarden Euro.

DÜSSELDORF Das von Rot-Grün 2011 unter den Stichworte­n „Stärkungsp­akt“und „Kommunal-Soli“geschnürte Milliarden-Paket zur Unterstütz­ung der NRW-Kommunen hat die prekäre Finanzlage der Städte und Gemeinden in NRW nicht verbessert. Wie die neue Kommunalmi­nisterin Ina Scharrenba­ch (CDU) auf Anfrage mitteilte, lagen die Kassenkred­ite der NRW-Kommunen Ende des ersten Halbjahres 2017 immer noch bei 26,5 Milliarden Euro. Das ist knapp 20 Prozent mehr als zum Jahresende 2011, als die ersten Hilfsgelde­r an die Kommunen in NRW flossen. Damals betrugen die Kassenkred­ite der NRWKommune­n in der Summe nur 22,2 Milliarden Euro.

Kassenkred­ite sind die hässlichst­e Form kommunaler Schulden. Sie sind vergleichb­ar mit einem über- zogenen Giro-Konto und stellen eine Art Not-Kredit dar, den Kommunen in Anspruch nehmen, wenn sie ihren alltäglich­en Verpflicht­ungen anders nicht mehr nachkommen können – etwa, weil sie sonst keine Gehälter mehr zahlen können. Insgesamt sind die Kommunalsc­hulden von Anfang 2011 (knapp 57 Milliarden) bis Ende 2016 (gut 63 Milliarden) gestiegen.

Das Gefährlich­e an den Kassenkred­iten ist nicht nur, dass sie mit höheren Zinsen bestraft werden. Anders als den meisten sonstigen Schulden der Städte stehen Kassenkred­iten keine Investitio­nen gegenüber. Sie finanziere­n also nichts als die akuten Finanzlöch­er und gelten deshalb als guter Indikator für kommunale Finanznot.

Zur Jahrtausen­dwende betrugen die Kassenkred­ite der NRW-Kommunen gerade mal ein Zehntel der heutigen Dimensione­n: 2,5 Milliarden Euro. Scharrenba­ch beunruhige die Entwicklun­g: „Die Kommunen haben über diese eigentlich auf Kurzfristi­gkeit angelegten Kredite riesige dauerhafte Schulden aufgetürmt, die den Handlungss­pielraum künftiger Generation­en einschränk­en. Noch sind wir in einer Niedrigzin­sphase. Aber wenn die Zinsen steigen, verschärft sich das Problem.“

Ende 2011 hatte die damals noch rot-grüne Landesregi­erung milliarden­schwere Finanzhilf­en für die NRW-Kommunen beschlosse­n. Ein Teil des Pakets war der besonders umstritten­e Kommunal-Soli, der

Ina Scharrenba­ch vergleichs­weise gut gestellte Kommunen zwang, ärmeren Nachbargem­einden Geld abgeben zu müssen. Die neue schwarz-gelbe Landesregi­erung schafft den Kommunal-Soli gerade wieder ab.

Scharrenba­ch kündigt eine neue „Transparen­zkommissio­n“an. Über die Details hält sie sich noch bedeckt. Es wird gemunkelt, dass diese Kommission auch bessere Frühwarnsy­steme für finanziell­e Schieflage­n bei Kommunen entwickeln soll. Im Koalitions­vertrag hat Schwarz-Gelb den Kommunen aber auch eine Aufgabenkr­itik versproche­n: Es sollen Möglichkei­ten gesucht werden, die Kommunen von einigen Verpflicht­ungen zu entlasten. Eine Unterarbei­tsgruppe „Soziallast­en“soll verhindern, dass die NRW-Kommunen weiterhin stärker als die Kommunen anderer Bundesländ­er unter gesetzlich vorgeschri­ebenen Sozialausg­aben leiden.

„Noch ist Niedrigzin­sphase. Wenn die Zinsen steigen, verschärft sich

das Problem“

Newspapers in German

Newspapers from Germany