Rheinische Post Kleve

Höhere Löhne für EU-Arbeitskrä­fte

- VON MARKUS GRABITZ UND BIRGIT MARSCHALL

Die Reform der Arbeitnehm­er-Entsenderi­chtlinie bringt deutsche Arbeitgebe­r auf: Sie befürchten weniger Wettbewerb und mehr Bürokratie auf dem Arbeitsmar­kt. Die Bundesregi­erung will der umstritten­en Reform am Montag zustimmen.

BRÜSSEL/BERLIN Die deutsche Wirtschaft protestier­t gegen Pläne der EU-Staaten, die Rechte der ins europäisch­e Ausland entsandten Arbeitnehm­er deutlich zu verbessern. „Der Vorschlag, die Entsenderi­chtlinie zu verschärfe­n, ist in seiner jetzigen Form nicht akzeptabel“, sagte Arbeitgebe­rpräsident Ingo Kramer. Nach den Plänen soll künftig für alle entsandten Arbeitnehm­er nach zwei Jahren automatisc­h das vollständi­ge Arbeitsrec­htsregime des jeweiligen Gastlandes gelten. Zudem sollen entsandte Arbeitnehm­er künftig die gleichen Löhne und Gehälter sowie Zulagen wie die dauerhaft Beschäftig­ten vor Ort erhalten. Auch Reise- und Aufenthalt­skosten müssen den entsandten Arbeitskrä­ften erstattet oder auf den Lohn aufgeschla­gen werden.

Die Reform der EU-Entsenderi­chtlinie soll nach zweijährig­en, zähen Verhandlun­gen nun am kommenden Montag im EU-Ministerra­t endgültig beschlosse­n werden. Eine Mehrheit für die Reform ist wahrschein­lich, zumal Deutschlan­d das Projekt des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron unterstütz­en wird. Allerdings laufen ost- und mitteleuro­päische Staaten Sturm gegen die Reform, weil sie durch die Anhebung der Löhne für die eigenen, nach Westeuropa entsandten Arbeitnehm­er Wettbewerb­snachteile befürchten. Die deutsche Wirtschaft schließt sich dieser Kritik an: Durch die Regulierun­g werde der Wettbewerb um Arbeitskrä­fte in Europa erheblich beschränkt, argumentie­rt die Bundesvere­inigung der Arbeitgebe­rverbände (BDA).

Im Vergleich zum bisherigen Recht verbessert die Reform vor allem die Entlohnung­sbedingung­en für Arbeitskrä­fte, die aus Ländern mit niedrigere­m Lohnniveau stammen. Künftig sollen sie nicht mehr nur ein Anrecht auf den im Gastland geltenden Mindestloh­n haben, sondern auf die tarifvertr­aglich geregelte Entlohnung der örtlichen Stammkräft­e. Zudem gilt die Richtlinie künftig nicht mehr nur für Bauarbeite­r und Handwerker, sondern für alle entsandten Arbeitnehm­er. Sie erhalten nach zwei Jahren die kompletten Rechte des Gastlandes, etwa den gleichen Kündigungs­schutz oder Abfindungs­rechte.

„Das bewerten wir sehr kritisch“, hieß es in BDA-Kreisen. „Wenn sich das durchsetzt, wäre das eine massive Erschwerni­s für den europäisch­en Arbeitsmar­kt.“Der Wettbewerb um Fachkräfte würde behindert. Deutsche Firmen hätten künftig erheblich mehr bürokratis­che Hürden zu nehmen, wenn sie heimische Arbeitskrä­fte ins Ausland entsenden wollten oder EU-Ausländer im Inland einstellte­n.

Die Arbeitgebe­r appelliere­n an die Bundesregi­erung, der Reform am Montag nicht zuzustimme­n. Doch Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hatte Macron die Unterstütz­ung Deutschlan­ds für sein Prestigepr­ojekt gegen Lohndumpin­g in der EU schon im Sommer zugesagt. „Deutschlan­d setzt sich in enger Abstimmung mit Frankreich dafür ein, den sozialen Schutz entsandter Arbeitnehm­er zu verbessern“, bestätigte ein Sprecher des Bundesarbe­itsministe­riums. Familienmi­nisterin Katarina Barley (SPD), die von der heutigen SPDFraktio­nsvorsitze­nden Andrea Nah-

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany