Weltspartag: Deutsche überschätzen Sparbuch-Chancen
(jgr/rps) Ältere mögen sich noch daran erinnern: Am Weltspartag ging es zur Bank. Das Sparschwein wurde geleert. Der Bankbeamte – ja, so hieß er in öffentlich-rechtlichen Instituten tatsächlich – zählte die Münzen und trug den Betrag ins Sparbuch ein. Und oben- drauf gab es noch ein kleines Geschenk für die kleinen Sparer.
Heute sieht die Lage ganz anders aus. Das Sparbuch hat in Zeiten niedriger Zinsen ausgedient. Damit wird der Weltspartag am 30. Oktober aber nicht überflüssig. Denn ein wichtiges Ziel dieses Tages liegt nach wie vor darin, Kinder mit Geld vertraut zu machen. Doch für die Mehrheit der Eltern (56 Prozent) ist der Weltspartag kein Anlass, um mit ihren Kindern über den Umgang mit Geld zu sprechen. Das zeigt eine repräsentative Um- frage von Kantar Emnid im Auftrag der Fondsgesellschaft Fidelity International.
„Geld darf kein Tabuthema in der Familie sein. Eltern sollten Vorbilder sein und ihre Kinder möglichst früh an den Umgang mit Geld und das Sparen heranführen. Das ist heute wichtiger denn je. Die prall gefüllte Spardose einmal im Jahr zur Bank zu tragen oder sich auf das Sparbuch zu verlassen, funktioniert heute nicht mehr“, sagt Andreas Telschow, Anlageexperte bei Fidelity.
Aber auch bei Erwachsenen ist Aufklärung nötig: Viele Bundesbürger schätzen die Renditechancen von Anlageformen falsch ein. So halten 13 Prozent der Befragten selbst im gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld bei Tages- oder Festgeld eine Rendite von fünf Prozent pro Jahr für möglich, zwölf Prozent halten das beim Sparbuch für möglich. Knapp die Hälfte (49 Prozent) traut Aktien oder Aktienfonds eine Rendite von fünf Prozent zu.
Ein weiteres interessantes Ergebnis der Umfrage: Viele Bundesbürger kennen den Zinseszinseffekt einer Geldanlage überhaupt nicht, der sich vor allem über einen langen Zeitraum positiv bemerkbar macht. Sie haben deswegen auch Probleme, die Aussichten längerer Investments richtig einzuschätzen. So gehen rund 60 Prozent bei einer Fondsanlage langfristig von einer viel zu niedrigen Rendite aus. Jeder Fünfte kann überhaupt nicht abschätzen, wie sich der Zinseszinseffekt über Jahre hinweg auswirkt.
„Beim langfristigen Vermögensaufbau führt heute kein Weg mehr an Aktien oder Fonds vorbei“, so Andreas Telschow. „Diese Anlageformen sind aber keinesfalls nur etwas für Reiche, Berührungsängste sind fehl am Platz. Schon mit monatlichen Beiträgen von 25 Euro kommt auf lange Sicht eine stattliche Summe zusammen“, sagt Telschow. Wer beispielsweise über 15 Jahre monatlich 25 Euro in einen deutschen Aktienfonds einzahlt, hat gut 8.400 Euro auf der ho- hen Kante – nach 35 Jahren sind es knapp 50.000 Euro.
Im Auftrag von Fidelity International hatte das Marktforschungsinstitut Kantar Emnid in einer bevölkerungsrepräsentativen telefonischen „Omnibus“-Umfrage im September 1000 Bundesbürger zu ihrem Sparverhalten befragt.