Die Anlagespezialisten setzen auf den persönlichen Kontakt
Wie sieht für die Unabhängigen Vermögensverwalter die Zukunft aus? Auch darüber diskutierten die Experten beim RP-Finanzforum „Unabhängige Vermögensverwalter“.
Regulierung und Digitalisierung sind Themen, die die gesamte Finanzbranche derzeit aufwühlen – damit auch die Unabhängigen Vermögensverwalter. Thomas Hünicke (WBS Hünicke) sieht dabei trotz aller Risiken auch gute Gelegenheiten für die Zunft. Immer höherer Aufwand, Wettbewerb und Druck auf die Preise werde es Einzelkämpfern schwer machen. „Es wird zu Zusammenschlüssen kommen“, prognostiziert Hünicke. Boutiquen, also spezialisierte Vermögensverwalter mit kleinem Marktanteil, werden indes als hochwertiges Segment auch künftig Chancen haben.
In anderen Ländern haben Unabhängige Vermögensverwalter einen höheren Marktanteil als in Deutschland. „Wir sind noch nicht so weit wie in der Schweiz oder in Großbritannien, aber auch bei uns wird der Markt wachsen“, ist Kathrin Eichler (Eichler & Mehlert) überzeugt. Es gebe zwar weniger Neugründungen, „aber wir haben gute Chancen, uns zu bewähren“.
Peter Schneider (Schneider, Walter & Kollegen) vergleicht die Marktentwicklung mit der von Bäckereien. Dort gebe es Zusammenschlüsse und Ketten, Familienbetriebe fänden in ihren Familien nicht mehr genügend Nachfolger. „So wird es auch bei uns Zusammenschlüsse geben, um Schlüsselgrößen zu erreichen, ohne dabei zum Konzern zu werden.“
Zusammenschlüsse sieht Ulrich Ziemer (Tresides Asset Management) auch wegen der gesetzlich-regulatorischen Entwicklung kommen. „Aber die Branche hat Wachstumspotenzial.“
„Es ist eine spannende Branche“, stellt Uwe Gerstenberg (consulting plus) aus seiner beobachtenden Position fest. Der Sicherheits- und Zukunftsexperte lobt die Unabhängigkeit als „Schlüssel zur Abgrenzung gegenüber anderen Finanzeinrichtungen“, warnt aber zugleich vor Entwicklungen, die die ganze Branche auf den Kopf stellen können. Künstliche Intelli- genz, Robo-Advisors und neue Akteure aus anderen Branchen werden – so seine Prognose – zu heftigen Verwerfungen am Markt führen. „Große US-Unternehmen wie Google haben längst schon Banklizenzen“, nennt er als Beispiel.
Dies sei eine exponentielle Entwicklung, Kunden würden ihr Verhalten ändern, je jünger, desto stärker. „Wie wollen Sie sich darauf einstellen?“, fragt Gerstenberg die Vermögensverwalter.
Jens Hartmann (ficon börsebius Invest) sieht diese Entwicklung eher mit einer großen Portion Zurückhaltung: „Ich habe den Eindruck, wir laufen weit vor, aber die Kunden folgen nicht. Ob sich schließlich diese neuen Trends so einfach durchsetzen werden, da bin ich noch skeptisch.“
Das Geschäft der Vermögensverwalter bleibe ein „People‘s Business“, eine persönliche Angelegenheit, insbesondere, wenn es an den Märkten stürmt. „Ich könnte mir hier eher vorstellen, dass sich hybride Modelle letztlich am Markt durchsetzen – zum Beispiel eine Kombination aus Vermögensverwalter und Robo Advisor“, sagt Hartmann. „Wer hilft, die Komplexität des Weltgeschehens zu verstehen?“, fragt Peter Schneider, „wir können hier den Kunden zeigen, dass wir auf ihrer Seite stehen“.
„Der Mensch als soziales Wesen hat ein Bedürfnis nach menschlichem Kontakt“, sagt Alrik Haug (Reuss Private Deutschland). Von daher geht er davon aus, dass die Kunden der Vermögensverwalter auch künftig persönlich beraten werden wollen. „Dazu nutzen sie natürlich auch digitale Mittel.“
Christian Köpp (Oberbanscheidt & Cie.) sieht das ähnlich: „Geldanlage ist auch für jüngere Menschen ein Thema mit persönlichem Beratungsbedarf.“Vor allem in turbulenten Börsenphasen sei der Mensch eher als Berater gefragt als ein Robo-Advisor. Dieser biete keinerlei Einordnung der Geschehnisse an den Märkten noch Orientierung oder Interpretation, fügt Frank Mooshöfer (PVV AG) hinzu.
Das „People‘s Business“ist der wesentliche Punkt, bestätigt Ulrich Ziemer, das sehe man selbst im Masseneinkaufsbereich – der ja durch den Online-Handel bedrängt wird. „Auch dort gibt es eine Renaissance von Retail-Läden vor Ort, die auch bei jungen Menschen gefragt sind.“
Kathrin Eichler stellt schon jetzt fest, dass das durchschnittliche Alter der Neukunden auf derzeit 25 bis 40 Jahre sinkt. „Es gelingt also, sie zu gewinnen.“Man könne junge Menschen natürlich mit Apps ansprechen, „aber die Kunden wollen diese nur zur Information nutzen, nicht zum aktiven Handel“.
Eine Konsequenz hat die Digitalisierung unbestreitbar: Alles wird schneller. „Die Transaktionsgeschwindigkeit steigt vor allem an den Börsen“, stellt Klaus Hinkel (Hinkel & Cie.) fest. Von daher sei die Vermö- gensverwaltung sinnvoll, bei der der Verwalter die Geldanlage übernimmt. Die Beratung, nach der der Anleger selbst die Investments abschließend entscheidet, dauere da viel zu lange, vor allem auch mit Blick auf die regulatorischen Anforderungen.
Hinkel warnt allerdings vor negativen Folgen der Digitalisierung. Bei börsengehandelten Indexfonds, den ETFs, gebe es ebenso wie bei den RoboAdvisors, den Computer-gesteuerten Beratern, bereits Warnungen, dass sie in Krisen suboptimale Anlageinstrumente seien, um vermögenschützend zu agieren. „Da sind aktiv gemanagte Fonds mit Absicherungsmechanismen gefragt.“
„Kunden bevorzugen aus unserer Sicht Direktinvestitionen in Aktien, auch gegenüber ETFs. Davon sind sie begeistert“, stellt Stefan Kasthold (Dr. Ehrhardt Vermögensverwaltung) fest. Er teilt zudem die Befürchtung der Kollegen, dass anonyme Robo-Advisors in starken Korrekturphasen problematisch sind: „Ich habe Bedenken, ob Kunden nicht unruhig werden, wenn ein Härtetest eintritt.“
„Wir wollen unsere Entscheidungen nicht Maschinen überlassen“, sagt Markus Barth, der sich nicht generell der Digitalisierung verwehrt. „Sie hilft dabei, Prozesse hinter der Beratung zu gestalten und Anlageentscheidungen vorzubereiten.“Das sei im Übrigen bereits längst Usus, fügt Anja Schlick (Hauck & Aufhäuser) hinzu: „Eigene Quant- und Rechenmodelle gibt es schon seit Jahrzehnten.“Für Vermögensverwalter sei es vielversprechend, für ihre unterschiedlichen Kundengruppen spezifisch Profile aufzubauen. „Institutionelle Kunden haben andere Bedürfnisse als Privatanleger. Die Unabhängigen Vermögensverwalter haben hier eine breite Kundenspanne.“
In dem Zusammenhang bieten denn auch aktiv gemanagte Fonds gerade in der Digitalisierung Vermögensverwaltern Chancen, meint Boris Wetzk (Hansainvest). Er regt an, dass die Verwalter mit Angeboten auf standardisierten Wegen gemeinsam an den Markt gehen und so mehr Aufmerksamkeit erzielen.
„Unabhängige Vermögensverwalter müssen ihre Qualitäten in den Vordergrund rücken und zeigen, dass sie im Assetmanagement und im Risikomanagement besser als RoboAdvisor sind“, fordert Markus Barth (Aramea Asset Management). Künftig werde es aber wohl vermehrt hybride Angebote – mit digitalen und persönlichen Elementen – geben, um neue Kunden zu gewinnen.
„Ich habe den Eindruck, wir laufen weit vor, aber die Kunden folgen nicht“ „Geldanlage ist auch
für jüngere Menschen ein Thema mit
persönlichem Beratungsbedarf“