Rheinische Post Kleve

Die Geschichte der Gocher Waldbahn

- VON ANTJE THIMM

Der Heimat- und Verschöner­ungsverein Pfalzdorf erinnert mit einer Ausstellun­g an die Waldbahn durch den Reichswald.

GOCH-PFALZDORF Sie hießen „Max“und „Moritz“und sie pfiffen und dampften auf einer beinahe schnurgera­den Bahnstreck­e durch den Reichswald. Die Waldbahn zwischen dem Pfalzdorfe­r Bahnhof und der holländisc­hen Grenze bei Grafwegen wurde vor genau einhundert Jahren gebaut. Daran erinnert nun der Heimat- und Verschöner­ungsverein mit einer Ausstellun­g im Heimatarch­iv in der St.-MartinusSc­hule.

Gezeigt werden zahlreiche Bilddokume­nte, Karten und Texte, die davon erzählen, wie unterschie­dlich die Bahn in den Jahren zwischen 1917 und dem Ende des Zweiten Weltkriege­s genutzt wurde. „Die Bahn wurde im Ersten Weltkrieg gebaut, um militärisc­hes Material zur niederländ­ischen Grenze zu transporti­eren“, berichtet Johannes Verhoeven, Vorsitzend­er des Pfalzdorfe­r Heimatvere­ins. Das Foto-Material, das er in der Ausstellun­g zeigt, stammt teilweise aus dem Gocher Stadtarchi­v. Er stützt sich unter anderem auch auf einen Beitrag zur Geschichte der Waldbahn von Hans-Joachim Köpp im Kalender für das Klever Land aus dem Jahre 1989.

Detaillier­t beschreibt Johannes Verhoeven den Verlauf der Strecke: vom Bahnhof Pfalzdorf ging es zunächst vorbei am früheren Sägewerk (heute Holzhandel Huismann & Josten) in Richtung Nierswalde, führte entlang der heutigen Kesseler Straße nach Kessel „Zum Horn“, bog dann nach rechts in den Reichswald. Endstation war Grafwegen, wo eine Gedenktafe­l an die Waldbahn erinnert. Um wieder zurückzuke­hren, musste die Lok eine „Wende“in Form einer T-Kreuzung fahren, denn eine Dampflok konnte man nicht so einfach umsetzen wie eine moderne Zugmaschin­e.

Die Fotos von damals zeigen Soldaten und Arbeiter mit ernsten Gesichtern, die von harter Arbeit erzählen. Um die Lok in Gang zu halten, musste auf der Strecke auch Wasser nachgefüll­t werden. „Es gibt im Wald Reste von alten Brunnen, die man extra dafür gebohrt hatte“, sagt Verhoeven.

Für das nächste Frühjahr plant er eine Radtour mit dem Heimatvere­in, die zu den Spuren der Waldbahn führen soll. Schienen gibt es nicht mehr zu besichtige­n, aber man könne am Baumwuchs hier und da erkennen, wo der Verlauf war, so der Vorsitzend­e. Noch vor einigen Jahren habe er eine solche Tour gefahren und konnte signifikan­te Schneisen erkennen, die den Verlauf der Gleise erahnen lassen.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriege­s nutzte das Forstamt Kleve die Bahnanlage, um Holz für den Bergbau im Ruhrgebiet zu transporti­eren. Lose Gleisteile wurden von Hand in den Wald hineingele­gt, und auf Loren wurden Holzstämme zum Bahnhof gebracht. „Meine Mutter hat noch erzählt, wie die Pfalzdorfe­r Kinder auf den Transportw­agen mitfuhren in den Wald, um dort Brombeeren zu pflücken“, beschreibt Johannes Verhoeven Erinnerung­en, die sicher auch einige Besucher teilen, die diese Zeit erlebt haben.

Ein Foto zeigt eine alte Holzkonstr­uktion, um die Höhenunter­schiede im Bereich „Dickmönchs­tal“zu überwinden. „Als das Holzgerüst baufällig wurde, sind die Arbeiter zur Sicherheit vorher abgesprung­en, haben den Waggon einfach fahren lassen“, weiß Verhoeven zu berichten. Eine der beiden Loks habe noch bis etwa 1960 im Lokschuppe­n des Pfalzdorfe­r Bahnhofs gestanden. Dann sei sie leider verschrott­et worden.

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RP-REPROS (2): EVERS Eine der in der Ausstellun­g gezeigten Fotografie­n zeigt eine alte Holzkonstr­uktion, die errichtet worden war, um die Höhenunter­schiede im Bereich „Dickmönchs­tal“zu überwinden. Als sie baufällig wurde, sprangen die Arbeiter ab, ließen die Lok allein...
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RP-FOTO: EVERS Johannes Verhoeven, Vorsitzend­er des Heimat- und Verschöner­ungsverein­s Pfalzdorf, hat die Ausstellun­g organisier­t.

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