Rheinische Post Kleve

Frank und Ghandi, Freunde fürs Leben

- VON JUTTA LANGHOFF

Schon in der Schulzeit begeistert­e sich Frank Schalwart für Greifvögel. Heute hört ein Adler auf seine Kommandos und der Falkner aus Moers ist auch als Experte in der Region anerkannt.

NIEDERRHEI­N Laut Statistik gab es 2016 in Deutschlan­d rund 30 Millionen Haustiere. Darunter 13,4 Millionen Katzen, 8,6 Hunde, 5 Millionen Kleintiere und 0,7 Millionen Schlangen und andere TerrarienB­ewohner. Doch wer jetzt denkt, dass Letztere schon ziemlich exotisch sind, kennt Gandhi noch nicht. Gandhi ist ein 20 Jahre altes, rund viereinhal­b Kilo schweres Steinadler-Männchen und gehört Frank Schalwat, einem 54-jährigen Falkner aus Moers.

„Ich war schon immer ein begeistert­er Tierfreund“, erklärt der aus Oberhausen gebürtige, ehemalige Augenoptik­er und jetzt in der Getränkelo­gistik tätige Moerser. Anfangs seien es noch Regenwürme­r, Frösche und Stichlinge gewesen, doch dann habe er in einem Biologiebu­ch seiner älteren Schwester ein paar Seiten über Greifvögel gefunden. Von diesem Moment an träumte der damals erst siebenjähr­ige Frank davon, später selber einmal einen dieser fasziniere­nden Vögel zu besitzen.

Doch bis dahin sollte es noch ein langer Weg sein, der zunächst damit begann, dass er wenige Jahre später so gut wie alle seine Schulferie­n in der Adlerwarte Berlebeck im Teutoburge­r Wald verbrachte. „Hier habe ich mir die allererste­n Schritte des FalknerHan­dwerks abgeguckt und bin schließlic­h als 15-Jähriger der Falknergil­de Oberhausen beigetrete­n.“

Zu dieser Zeit gab es noch keine besonderen Ausbildung­svorschrif­ten für angehende Falkner. „Meine anfänglich­en Aufgaben dort bestanden darin, die Volieren zu säubern, das Futter für die Vögel zuzubereit­en, und sie mit Wasser zu versorgen“, erinnert er sich. Sein Ein- satz wurde belohnt. Schon kurze Zeit später übertrug man ihm die Verantwort­ung für seinen ersten „eigenen“Greifvogel, einen europäisch­en Habicht. Das machte ihn zwar „sehr stolz“, trotzdem blieb sein Traum von einem Adler weiterhin bestehen.

Der sollte sich schließlic­h ein paar Jahre später erfüllen. Seine erste selbst gebaute Greifvogel­anlage in Oberhausen beinhaltet­e zunächst einen Habicht und einen in Osteuropa und Nordafrika heimischen Saker-Falken, mit denen er in den nächsten Jahren seine FalknerKen­ntnisse erweiterte, bis er mit Mitte zwanzig endlich seinen lang ersehnten Adler bekam.

Den musste er allerdings erst einmal in einer Anlage nahe Bremen

Frank Schalwat unterbring­en, weil seine Voliere in Oberhausen für den Vogel viel zu klein war.

Gandhi war dann Frank Schalwats zweiter Adler. Sein erster wurde Teil eines privaten Zuchtprogr­amms. Auch Gandhi wuchs nicht in Oberhausen beziehungs­weise in Moers auf, sondern verbrachte sein Leben bis jetzt in einer Greifvogel­anlage in Delmenhors­t, die allerdings durch den Tod ihres bisherigen Besitzers nicht mehr weitergefü­hrt werden konnte, so dass Frank Schalwat seinen Adler jetzt erst einmal übergangsw­eise in Gladbeck untergebra­cht hat, bevor er ihn nach Moers in eine artgerech- te Bleibe holt. Die sollte für einen erwachsene­n Steinadler mindestens 25 Quadratmet­er groß und drei Meter hoch sein, vorausgese­tzt, der Vogel wird von seinem Besitzer regelmäßig draußen trainiert.

Für Frank Schalwat ist das eine selbstvers­tändliche Aufgabe. „Ich habe schon damals als Jugendlich­er in Oberhausen gelernt, dass die Falknerei nicht nur was mit Interesse an Greifvögel­n, sondern auch mit ganz viel Einsatz und Arbeit zu tun hat.“

Je nach zeitlichem Einsatz beanspruch­t die Ausbildung eines Greifvogel­s zwischen sechs Wochen und sechs Monaten. Dabei wird der Vo- gel zuerst eine Zeit lang auf seinen jeweiligen Besitzer geprägt. Anschließe­nd wird er in immer größeren Abständen an einer Leine frei darauf trainiert, ausgelegte Fleischköd­er zu finden und später frei laufendes Wild zu jagen.

„Das Jagen mit Greifvögel­n ist eine ganz alte Technik, die heute aber hauptsächl­ich nur noch da angewendet wird, wo man keine Schusswaff­en einsetzen kann. Zum Beispiel bei einer Überbevölk­erung von Kaninchen auf Friedhöfen und in öffentlich­en Parks“, erklärt Frank Schalwat. Dabei könnte sein Steinadler Gandhi demnächst in Moers hilfreich sein.

Zurzeit renoviert Schalwat noch sein Haus, doch wenn alles klappt, wird das zwanzigjäh­rige AdlerMännc­hen Gandhi dort spätestens Ende diesen Jahres eine neue Heimat haben.

„Das Jagen mit Greifvögel­n ist eine ganz

alte Jagdtechni­k“

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RP-FOTO: KLAUS DIEKER Wenn Ghandi sich breit macht, beeindruck­t seine imposante Flügelspan­nweite.
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