Rheinische Post Kleve

Landarzt und Landflucht vertragen sich nicht

- VON THOMAS REISENER VON KRISTINA DUNZ VON ANTJE HÖNING

Obwohl der größte Teil der Arztpraxen in NRW für Hausärzte vorgesehen ist, gibt es an den Universitä­ten des Landes nur einen großen Lehrstuhl für Allgemeinm­edizin – in Düsseldorf. Das ist eine Folge der grundgeset­zlich geschützte­n Forschungs­freiheit: In den weiten Verästelun­gen der medizinisc­hen Spezialgeb­iete gibt es mehr zu entdecken als im Basis-Fach Allgemeinm­edizin. Trotzdem ist die Vernachläs­sigung der Allgemeinm­edizin an den Hochschule­n nicht akzeptabel. Universitä­ten haben auch einen Lehrauftra­g. Der muss dem Bedarf der Gesellscha­ft dienen – und die braucht nun mal mehr Allgemeinm­ediziner, als die Hochschule­n ausbilden.

Eine andere Ursache des Hausarzt-Problems hat mit dem Medizinbet­rieb gar nichts zu tun. Besonders groß ist der Mangel in den ländlichen Räumen. Dort, wo die Bevölkerun­g schrumpft, die Jobs abwandern, die Freizeitan­gebote wegbrechen und die Lebensqual­ität sinkt. Dass junge Ärzte, die überall gefragt sind, sich nicht ausgerechn­et dort niederlass­en wollen, ist verständli­ch. Einen Masterplan gegen das Landflucht-Problem gibt es aber nicht. Die traurige Wahrheit ist: Dieser Trend wird sich noch deutlich verschärfe­n. BERICHT JEDER ZWEITE HAUSARZT OHNE NACHFOLGER, TITELSEITE

Am Riemen reißen

Wenn vier verschiede­ne Parteien ein gemeinsame­s Bündnis für vier Jahre ausloten, ist es keine Schande, dass das ein paar Wochen dauert. Die Spitzen von CDU, CSU, FDP und Grünen müssen sehr genau prüfen, welche Zugeständn­isse sie ihrer jeweiligen Parteibasi­s und Wählerscha­ft etwa bei den großen Streitthem­en Klimaschut­z, Zuwanderun­g oder Finanzen zumuten können. Insofern sind zweiwöchig­e mühselige Sondierung­en noch kein schlechtes Omen, Jamaika ist keinesfall­s verloren. Beschämend ist aber, wenn gestandene Politiker völlig überzogen provoziere­n und mit viel Show die eigene Forderung zur Bedingung erklären. Wohlwissen­d, dass es so keine Koalition geben kann. Viele Bürger sind schon jetzt genervt und wollen erst wieder etwas hören, wenn es eine Entscheidu­ng gibt. Das schadet dem Ansehen der Politik. Gerade während einer Regierungs­bildung müsste das Interesse groß an den Verhandlun­gen über die künftigen Leitlinien sein. Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther hat es richtig gesagt: „Wir müssen uns jetzt am Riemen reißen.“So ist es. BERICHT MERKEL: MIT MÜHE ZU JAMAIKA, TITELSEITE

Hässlicher Verdacht

Dass Vorstände und Aufsichtsr­äte Aktien ihres Unternehme­ns kaufen, ist grundsätzl­ich kein Problem. Viele Konzerne wünschen das sogar, damit die Manager zeigen, wie sehr sie an das eigene Geschäft glauben. Zugleich sind Manager immer Insider. Es liegt in der Natur der Sache, dass sie mehr wissen als Kleinaktio­näre. Daher ist besondere Sensibilit­ät gefragt. Aus gutem Grund schaut die stets wache Finanzaufs­icht genau hin, wenn Manager Geschäfte auf eigene Rechnung tätigen, bei denen sie möglicherw­eise ihr Insiderwis­sen ausgenutzt haben. Das tat die Aufsicht bei VW, Porsche und der Börse – und nun auch bei der Metro.

Selbstrede­nd gilt für die beiden verdächtig­ten Metro-Manager die Unschuldsv­ermutung. Doch sollte die Justiz dem Chefkontro­lleur und Vorstand nachweisen, dass sie Insiderwis­sen ausnutzten, wäre das ein Unding: Mitarbeite­r und Aktionäre sorgen sich um die Zukunft des Konzerns, und zwei Spitzenkrä­fte denken nur ans eigene Portemonna­ie – eine hässliche Vorstellun­g. Es ist der Metro zu wünschen, dass die zwei sich nicht als elende Krämer erweisen. BERICHT RAZZIA IN DER METRO-ZENTRALE, TITELSEITE

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