Rheinische Post Kleve

UND DIE WELT

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Die Jugend erbittet von der Kirche einfach – nichts In einem Jahr lädt Rom zu einer Jugendsyno­de ein. Eine düstere Umfrage hat im Vorfeld ermittelt, was dort zu erwarten ist. Jetzt sucht die Kirche nach neuen Angeboten und zu wenig nach Änderungen bei sich selbst.

Das eigentlich Düstere an der neuen Umfrage der katholisch­en Kirche sind nicht so sehr ihre traurigen Ergebnisse. Es ist die Reaktion hierzuland­e, die zeigt, dass wir mit kaum etwas anderem gerechnet haben und rechnen durften: dass nämlich die meisten deutschen Jugendlich­en von der Kirche schlicht und einfach nichts mehr erbitten. Das, was die Kirche predigt, was sie leistet und was sie anbietet, ist für die Zielgruppe der Zukunft „von keinerlei Interesse“. Das sind die gesammelte­n Antworten, die die Bischofsko­nferenz jetzt nach Rom schickt. Denn dort soll sich in knapp einem Jahr eine Jugendsyno­de dem kirchliche­n Nachwuchs widmen. Die Aufgabenst­ellung, die zumindest die Fragebogen aus Deutschlan­d nahelegen, dürfte diese sein: Man wird bei null beginnen müssen. Aber ist das nicht ohnehin der Ausgangspu­nkt jeder Glaubensve­rkündigung? Beginnt nicht alles immer wieder mit der Taufe, mit der Aufnahme in die Gemeinscha­ft der Gläubigen? Das Votum der Jugend ist zu ernüchtern­d für solche rhetorisch­en Fragen. Weil die Kinder von heute schon deshalb mit der Kirche kaum etwas anzufangen wissen, weil bereits die Eltern und oft die Großeltern mit der Institutio­n nichts mehr am Hut haben. Die Kirche antwortet darauf mit jenem Engagement, mit dem sie oft auf Krisen reagiert. Mit neuen pastoralen Angeboten also und der Erkenntnis, auch die digitale Welt als eine Stätte des Glaubensze­ugnisses zu nutzen; mit Initiative­n wie „Nightfever“, mit der vor allem der Kirche fernstehen­den Jugendlich­en „die Barmherzig­keit Gottes wieder erfahrbar“wird. Das mag alles nicht verkehrt sein, dennoch muss es nicht gleich richtig sein. Warum soll die Kirche alles tun, was alle tun? Ich habe meine Zweifel, dass sie damit radikal zukunftsge­wisser und ju- gendfreund­licher wird. Das Evangelium ist revolution­är genug; gegen seine Botschaft ist jeder DanBrown-Thriller ein Groschenro­man. Vielleicht ist es die Kirche selbst, die sich ändern muss. Also der „Betrieb“, der sich für die Verkündigu­ng von Gottes Wort zuständig fühlt. Denn auch dies zeigt die Umfrage: Vielen ist die Kirche zu dogmatisch. Das meint keine Glaubensgr­undsätze. Wenn aber die Kirche jahrelang und hochgelehr­t über die Abendmahlg­emeinschaf­tmitProtes­tanten streitet, wenn sie in der Frage um die Teilnahme von wiederverh­eirateten Geschieden­en an der Kommunion einen kleinen Kampf um Rom entfacht und eine Diskussion um den Zölibat erst gar nicht zulässt, wie kann sie sich dann einer Jugend verbunden fühlen, der der Sinn auch nach spirituell­em Aufbruch steht? Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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