Rheinische Post Kleve

Private Vorsorge soll sich mehr lohnen

- VON EVA QUADBECK

Niedrige Zinsen und die doppelten Krankenkas­senbeiträg­e für Betriebsre­nten sorgen dafür, dass sich die private Altersvors­orge oft kaum lohnt. CDU-Mittelstan­dschef Carsten Linnemann fordert grundlegen­de Reformen.

BERLIN Die Unterhändl­er für eine Jamaika-Koalition waren sich in dieser Woche in wenigen Punkten einig – Konsens aber gab es darüber, dass die private und betrieblic­he Altersvors­orge verbessert werden muss: attraktive­re Anlagemögl­ichkeiten, mehr Verbrauche­rfreundlic­hkeit und mehr Chancen für Geringverd­iener. Auf den Prüfstand soll zudem die bisherige Regelung, wonach Betriebsre­nten-Sparer und

Carsten Linnemann Inhaber von Lebensvers­icherungen gleich zweimal saftige Beiträge an die Krankenver­sicherung abführen müssen.

Der Chef der CDU-Mittelstan­dsvereinig­ung Carsten Linnemann sieht eine Reform als unausweich­lich: „Die doppelte Krankenkas­senVerbeit­ragung von Betriebsre­nten ist für die Betroffene­n ein großes Ärgernis und gehört abgeschaff­t“, sagte der CDU-Politiker unserer Redaktion. „Sie schadet der Idee der privaten Vorsorge. Wer privat vorsorgt, muss signifikan­t mehr haben als derjenige, der nicht vorsorgt.“

Seit einer rot-grünen Regelung von 2004 gilt: Wer über seinen Arbeitgebe­r in eine Direktvers­icherung einzahlt und damit eine Betriebsre­nte oder eine Lebensvers­icherung anspart, muss bei Auszahlung den gesamten Krankenkas­senbeitrag, also Arbeitgebe­r – und Arbeitnehm­eranteil, entrichten. Aktuell sind das durchschni­ttlich insgesamt 15,7 Prozent – 7,3 Prozent Arbeitgebe­r-Anteil und 8,4 Prozent Arbeitnehm­er-Anteil. Teilweise zahlen die Betroffene­n zudem in der Ansparphas­e Kassenbeit­räge. Frei von Beiträgen ist nur eine monatliche Sparsumme von vier Prozent der Beitragsbe­messungsgr­enze – aktuell monatlich bis zu 174 Euro.

Die doppelte Verbeitrag­ung führt seit Jahren zu Kontrovers­en. Zu die- (Entwicklun­g der Anwartscha­ften in der betrieblic­hen Altersvors­orge in Millionen Begünstigt­en) ser Praxis gibt es bereits ein Verfassung­sgerichtsu­rteil. Während die obersten Richter immer darauf pochen, dass Einkommen nicht zweimal versteuert werden darf, haben sie die doppelten Beitragsza­hlungen auf Betriebsre­nten und Lebensvers­icherungen durchgewun­ken.

Aus Sicht von Linnemann können die Regelungen auch vor dem Hintergrun­d der seit Jahren schlechten Erträge so nicht bleiben. „Wir haben in Deutschlan­d aufgrund der anhaltende­n Niedrigzin­sphase ein eklatantes Problem mit der privaten und betrieblic­hen Altersvors­orge“, betont der CDU-Politiker. „Wenn wir da nicht gegensteue­rn, werden wir in den nächsten Jahren eine gesellscha­ftliche Debatte erleben, die sich gewaschen hat.“Eine Rentenkomm­ission müsse die Fehlannahm­e der vergangene­n Jahre korrigiere­n, wonach private Anlagen immer ausreichen­d Zinsen abwürfen.

Ob die nächste Regierung tatsächlic­h eine Rentenkomm­ission einsetzen wird, ist noch offen. CDU und CSU sehen dies in ihrem gemeinsame­n Wahlprogra­mm vor. Bei der Sondierung­en gab es dazu bislang noch keine Einigung. Dass die Rente und die Alterssich­erung insgesamt aber zu den großen Baustellen einer nächsten Regierung gehören, darüber herrscht Einigkeit.

Ins Spiel kommen könnte auch ein schon etwas älteres schwarzgrü­nes Konzept: der Deutschlan­dfonds. Dahinter steht die Idee, private Vorsorge wie die Riester-Rente nicht mehr ausschließ­lich von privaten Versicheru­ngen anbieten zu lassen, sondern auch ein staatlich verwaltete­s Modell anzubieten. Für diese Lösung kann sich inzwischen sogar der CDU-Wirtschaft­sflügel erwärmen. „Ich bin dafür offen, den Deutschlan­dfonds zu prüfen. Bei vielen Riester-Verträgen ist auffällig, dass die Abschluss- und Verwaltung­sgebühren die staatliche­n Zuschüsse komplett aufzehren“, sagte Linnemann, der dem Konzept früher eher skeptisch gegenübers­tand. Ein Deutschlan­dfonds könne dafür sorgen, dass auch die privaten Anbieter endlich günstigere und verständli­chere Produkte anböten.

Linnemann schwebt zudem vor, dass sich eine Rentenkomm­ission nicht nur mit „kurzfristi­gen Korrekture­n“beschäftig­t. Sie solle „auch die Frage nach der langfristi­gen Ausrichtun­g des Systems“stellen. „Und da darf es keine Denkverbot­e geben. Ich persönlich habe Sympathie für die Einführung einer steuerfina­nzierten Basisrente, die etwa auf dem Niveau der Grundsiche­rung im Alter liegt und bei der sich alle über Steuern beteiligen, also auch Beamte und Politiker“, sagte Linnemann und verweist darauf, dass die Umsetzung einige Zeit dauern würde. Aktuell lässt der CDUPolitik­er ein Modell rechnen, wie viele Steuermitt­el für eine solche Basisrente notwendig wäre und in welchem Umfang im Gegenzug der Rentenbeit­ragssatz sinken könnte.

Derzeit erhalten mittellose Senioren die sogenannte Grundsiche­rung im Alter. Dafür müssen sie den Behörden gegenüber belegen, dass sie über keine Vermögensw­erte verfügen. Bei einer Basisrente bliebe ihnen dies erspart.

„ Ich persönlich habe Sympathie für eine steuerfina­nzierte

Basisrente“

Chef CDU-Mittelstan­dsvereinig­ung

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