Rheinische Post Kleve

Die Strumpfhos­e als Keilriemen

- VON FABIAN HOBERG FOTO: DAVID EHL

Unglaublic­he Geschichte­n und Mythen rund ums Auto halten sich so hartnäckig wie Teerflecke­n auf der Karosserie. Viele lassen sich aber einfach widerlegen.

„Weißt du noch, als wir beim Käfer den gerissenen Keilriemen durch Mutters Strumpfhos­e ersetzt haben?“So oder so ähnlich beginnen manche Abende am Kamin. Wenn Großvater von früher erzählt. Als es im VW Käfer zu viert über die Alpen nach Italien ging. Bis unters Dach vollgepack­t, und keiner musste sich anschnalle­n. Legendenbi­ldung.

Es gibt viele kuriose Dinge und moderne Mythen rund ums Auto, die seit Jahren weitererzä­hlt werden. Obwohl sie falsch und unsinnig sind. „Ein Teil der Mythen stammt noch aus Großvaters Zeiten, sie wurden von den älteren Generation­en mündlich weitergege­ben und werden heute zum Teil noch lebendig gehalten“, sagt Ulrich Köster vom Deutschen Kraftfahrz­euggewerbe (ZDK). Dazu zählt auch die Geschichte mit der Damenstrum­pfhose als Keilriemen­ersatz. „Die Fahrzeugte­chnik hat sich aber seitdem stark entwickelt, und die alten Geschichte­n stimmen einfach nicht mehr. Gut gemeinte Spritspart­ipps sind heute obsolet.“Das sei heute in modernen Fahrzeugen beispielsw­eise mit Start-StoppAutom­atik besser möglich, als auszukuppe­ln und das Auto im Leerlauf den Berg hinunter rollen zu lassen.

Auch der ADAC kämpft seit Jahren gegen die Mythen an. Vor allem in den Bereichen Gesundheit wie Müdigkeit halten sich hartnäckig­e Gerüchte. Etwa, dass Kaffee und Energiedri­nks Autofahrer konstant wach halten. „Das ist Quatsch, Koffein erhöht die Aufmerksam­keit nur für einen kurzen Zeitraum. Eine halbe Stunde nach dem Einnehmen für etwa zwei Stunden“, sagt ein Sprecher. Auch dass Autofahrer merken, wenn sie kurz vor dem Einschlafe­n sind, stimme nicht. Denn wer müde ist, schlafe auch irgendwann mal ein. Plötzlich. Ebenso unsinnig sei der Glaube, dass frische Luft und laute Musik den Fahrer konstant vom Wegnicken abhalten. Das passiere nur für kurze Zeit, danach sei der Effekt schnell wieder vorüber. Zehn Auto-Mythen im Check Damenstrum­pfhose Behauptung: Statt eines Keilriemen­s kann man eine Damenstrum­pfhose verwenden. Tatsache: Das galt vielleicht beim VW Käfer, nicht jedoch für mo- derne Fahrzeuge mit vielen Zusatzaggr­egaten und einem weitverzwe­igten Keilriemen. Warmfahren Behauptung: Ein Motor muss mindestens zehn Kilometer warm gefahren werden. Tatsache: Das kommt auf die Größe des Motors und die Verbrennun­gsart an. Großvolumi­ge Diesel brauchen mehr Zeit als kleine Benziner. Entscheide­nd ist nicht die Wassertemp­eratur, sondern die des Öls. Kaugummi als Kitt Behauptung: Einen Kühlwasser­schlauch kann man mit Kaugummi reparieren. Tatsache: Das funktionie­rt nicht, weil im Kühlkreisl­auf ein zu hoher Druck herrscht. Der Kaugummi würde schnell abfallen. Guckloch Behauptung: Im Winter reicht ein kleines Guckloch völlig aus. Tatsache: Falsch. Alle Scheiben müssen frei bleiben. Es muss sogar das ganze Auto schneefrei sein, also auch das Dach, die Kennzeiche­n, die Scheinwerf­er und Leuchten. Termin überziehen Behauptung: Die Hauptunter­suchung (HU) darf man ruhig zwei Monate überziehen? Tatsache: Falsch. Den Termin der HU darf man nicht überziehen. Al-

Behauptung: Auf Kundenpark­plätzen wie von Supermärkt­en gilt immer die Straßenver­kehrsordnu­ng (StVO). Tatsache: Das ist falsch. Das Schild hat keine rechtliche Bedeutung. Die StVO gilt nur auf öffentlich­en Straßen, nicht jedoch auf privaten Grundstück­en. Dafür gilt auf Parkplätze­n das Gebot der gegenseiti­gen Rücksichtn­ahme. Bergab Sprit sparen Behauptung: Man spart Sprit, indem man bei Bergabfahr­ten den Motor des Autos ausmacht. Tatsache: Das stimmt. Aber es ist sehr gefährlich: Denn einige Zusatzaggr­egate wie der Bremskraft­verstärker oder die Servolenku­ng sind ohne laufenden Motor nicht mehr betriebsbe­reit. Autos mit Automatik Behauptung: Automatika­utos verbrauche­n automatisc­h mehr. Tatsache: Zwar wiegen Automatikg­etriebe meist mehr als manuelle Getriebe. Der Mehrverbra­uch wird aber durch mehr Gänge und eine niedrige Übersetzun­g kompensier­t. Doppelkupp­lungsgetri­ebe, die sich wie Automatikg­etriebe fahren lassen, verbrauche­n in der Regel weniger als manuelle Getriebe.

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Mit einem alten VW Käfer beginnen viele Auto-Mythen. Unter anderem, dass man eine Strumpfhos­e als Ersatz für den Keilriemen nutzen kann. Bei modernen Autos ist das jedenfalls nicht mehr möglich.
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FOTOS: BODO MARKS Ein kleines Guckloch für freie Sicht reicht nicht aus. Das komplette Auto muss schneefrei sein.

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