Arbeitgeber werben um den Nachwuchs
Wer neue Fachkräfte für sein Unternehmen finden möchte, muss sich für die Bewerber „hübsch machen“, sagt Personalfachfrau Jutta Rump. Mitarbeiter werden auch am Niederrhein in vielen Branchen händeringend gesucht.
KLEVE Firmeninhaber haben nur wenig Zeit, weswegen der „Business Talk“der Arbeitsagentur Wesel in der Klever Stadthalle eine sportliche Angelegenheit war. Ein flottes Improvisationstheater, ein dynamischer Vortrag, eine kurze Diskussionsrunde. Wer danach noch etwas von seinem Zeitkontingent übrig hatte, genoss noch ein kühles Glas und einen Snack zum informellen Gespräch. Anlass dazu hatte das Thema des späten Nachmittags auf
„Wir sind hier ja auch keine Rheinmetro
pole wie Düsseldorf“
Barbara Ossyra
Chefin Arbeitsagentur Wesel
jeden Fall geboten: „Fachkräftegewinnung am Niederrhein“hieß es und ermunterte Arbeitgeber zu einem Perspektivwechsel. „König“ist heute nämlich nicht mehr nur der Kunde, sondern auch der (potenzielle) Mitarbeiter. Weil die Demografie und andere Faktoren ihn zu einem knappen Gut gemacht haben.
Barbara Ossyra als Geschäftsführerin der Weseler Arbeitsagentur begrüßte die Teilnehmer und freute sich darüber, dass im nicht allzu großen Publikum auch Kleves Hochschulrektorin Heide Naderer mit einigen Nachwuchskräften saß. Ossyra führte ins Thema ein und beschrieb in aller Kürze, was Firmenchefs – insbesondere die aus dem Handwerk – nur zu gut wissen: Die Bevölkerung wird älter, wenig Kinder werden geboren, wenn verdien- te Kräfte ausscheiden wird es schwierig, die Lücken zu schließen. „Und wir sind hier ja auch keine Rheinmetropole wie Köln oder Düsseldorf“, setzte die Weselerin hinzu. Womit sie das zusätzliche Problem umschrieb, dass es schwer ist, junge Leute fürs Landleben zu begeistern. Die Konsequenz aus ihrer Sicht: Arbeitgeber müssen Strategien zur Fachkräftegewinnung entwickeln, an die vor 20 Jahren niemand gedacht hätte. Über den „Faktor A“re- ferierte anschließend Jutta Rump, die an der Hochschule Ludwigshafen Betriebswirtschaft und Personalmanagement unterrichtet und ein privates Institut für Beschäftigung leitet. Sie gilt als Koryphäe im Bereich Personalwesen und ist eine gefragte Rednerin.
Die Essenz ihres Beitrags: Es ist nicht der Geburtenrückgang alleine, der für die Personalknappheit sorgt, auch technologische und ökologische Grüne sowie die Digi- talisierung spielten eine große Rolle. Und: Junge Leute wollten sich heute nicht mehr komplett von ihrem Beruf vereinnahmen lassen, sondern erwarteten ein erfülltes Leben à la „Work-Life-Balance“. Wer gute junge Leute oder Azubis einstellen wolle, müsse deshalb ordentliche Bezahlung, ein gutes Betriebsklima, genügend Freizeit und vieles mehr bieten. „Arbeitgeber müssen sich für den Nachwuchs hübsch machen“, erklärte Prof. Rump in Umkehrung dessen, was man (früher?) vom Bewerber erwartete.
Kreis-Wirtschaftsförderer HansJosef Kuypers, Software-Unternehmer André Beier aus Emmerich, Ulrike Dietze, die mit über 50 zur Altenpflegerin umsattelte und Damian Janik von der Arbeitsagentur vertieften das gehörte in einer Podiumsrunde und bezogen die Gäste ein. Die nahmen manches Bedenkenswerte mit nach Hause.