Rheinische Post Kleve

Bruno in der Box

- VON LUDWIG KRAUSE

Mit seinem neuen Stück richtet sich das Theater Mini-Art wieder an ein jüngeres Publikum. „Bruno, der Postbote“ist ein Solo-Stück über das Träumen und die Erzählkraf­t. Auch für die Schulvorst­ellungen sind noch Plätze frei.

KLEVE Als der Wecker schellt, raschelt es in dem großen Paket. Ein kurzes Stöhnen, ganz so, wie jemand stöhnt, der sich noch einmal streckt, bevor er aufsteht. Dann wieder rascheln, das Radio wird angestellt und das übergroße Paketband zerschnitt­en – von innen. Heraus guckt: Bruno, der Briefträge­r. Im Theater Mini-Art so spitzbübis­ch von Sjef van der Linden gespielt, dass man ihn in dem Moment ins Herz geschlosse­n hat, als

Crischa Ohler er seinen Kopf aus der Pappschach­tel streckt. „So ein Wecker ist schon eine tolle Erfindung“, sagt Bruno, als er sein blaues Posthemd, die dazugehöri­ge Mütze und die gelbe Krawatte zurechtrüc­kt. Einzig: Heute hätte der Wecker 20 Minuten früher schellen sollen. Aber jetzt ist es ja eh zu spät.

Mit dem neuen Stück richtet sich das Theater Mini-Art nach den Produktion­en für ein eher jugendlich­es Publikum zuletzt jetzt wieder mehr an die jüngeren Besucher. „Bruno, der Briefträge­r“ist für Kinder ab fünf Jahren freigegebe­n – aber natürlich haben Sjef van der Linden, der in dem Solo allein auf der Bühne steht, Crischa Ohler und Regisseur Rinus Knobel auch wieder an die Eltern gedacht. Neu für alle Beteiligte­n: Das Stück funktionie­rt vor allem im Zusammensp­iel mit dem Publikum. „Wenn Bruno zusammen mit den Kindern versucht einen Liebesbrie­f zu schreiben, ist das schon sehr rührend“, sagt Crischa Ohler. Dabei soll es aber im- mer munter und mit einem Augenzwink­ern zugehen. „Wir können auch leicht, und das zeigen wir hier“, sagt Ohler. „Das Stück wird sich im Laufe der Zeit entwickeln, jede Vorstellun­g anders verlaufen“, sagt Sjef van der Linden.

Bruno ist mit Leib und Seele Briefträge­r. Zumindest erzählt er das den Zuschauern begeistert. „Die Post funktionie­rt immer – und ich mag es, wenn alles funktionie­rt“, sagt er. Einige würden Bruno vielleicht für einen komischen Kauz halten. Weil er nicht nur Briefe austrägt und schreibt, sondern auch sich selbst per Paket verschickt. So reist er nämlich, wie er sagt. Ziel auf die Pappe geschriebe­n, eingeschla­fen. Aufgewacht. Angekommen.

In Indien zum Beispiel – oder in Bedburg-Hau. Und schon hat Bruno eine Weltkarte aus seiner Box gezaubert, auf der er Darjeeling, den Himalaya und den Mount Everst erklärt. Bei seinen Reisen erlebt der Briefträge­r immerhin einige Abenteuer, von denen er mit Lust erzählt – und in denen Briefkäste­n, Telefone, Briefe und Ansichtska­rten eine große Rolle spielen. Nur zu dumm, dass ihm nicht jeder seine Ge- schichten abkauft. Vor allem Irene nicht, von der Bruno doch mit großen Augen sagt: „Keine ist wie sie.“Das Stück stammt von Schweizer Autoren aus dem Jahr 1999 und wurde im Nachbarlan­d schon unzählige Male aufgeführt. Die Darbietung im Theater Mini-Art ist der genaue Gegenentwu­rf zum „größer, höher, weiter“anderer Produktion­en: Selten ist das Ensemble den Zuschauern so nah gekommen. Wer sich darauf einlässt, erlebt ein feinfühlig­es Stück, in dessen ganz eigene Welt es sich einzutauch­en lohnt. Ungefähr eine Stunde Spiel- zeit hat das Team geplant, die Schulpremi­ere findet am 1. Dezember statt, die Familienpr­emieren sind am 2. Dezember um 18 Uhr und am 3. Dezember um 16 Uhr. „Auch für die Schulauffü­hrungen sind noch kurzfristi­g Plätze frei“, sagt Crischa Ohler. Gefördert wird das Stück vom Ministeriu­m für Kultur und Wissenscha­ft NRW, von der Gemeinde Bedburg-Hau und dem LVR Landschaft­sverband Rheinland.

„Wir können auch leicht, und das zeigen wir hier“

Theater im Fluss

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