Rheinische Post Kleve

Pesto und Rosenbäumc­hen gestohlen – ein Jahr auf Bewährung

- VON ALEXANDER TRIESCH

Weil eine 41-Jährige nach einem Diebstahl ihr Auto laut Richter als „gefährlich­es Werkzeug“einsetzte, bekam sie eine Bewährungs­strafe.

UEDEM/KLEVE Am Ende standen Verteidige­r und Staatsanwa­lt auf der selben Seite, doch es half alles nichts. Das Landgerich­t Kleve verurteilt­e eine 41-Jährige wegen schweren räuberisch­en Diebstahls zu einer Bewährungs­strafe von einem Jahr und einer Geldstrafe von 500 Euro. „Natürlich ist das kein schwerwieg­ender Mordfall hier, aber das Gericht kann sich nicht über das Gesetz hinwegsetz­en“, sag- te Richter Gerhard van Gemmeren nach der Urteilsver­kündung.

Was war passiert? Die Kleverin besuchte im Juni einen Bauernmark­t in Uedem. Nach eigenen Angaben plante die Frau, die im öffentlich­en Dienst arbeitet, dort Pflanzen zu kaufen. „Dann hab’ ich draußen ein schönes Rosenstämm­chen gesehen und erstmal ins Auto gestellt“, erzählt sie. Daraufhin ging sie in den Laden. Es sei nicht unüblich, erst später alles auf einmal zu zahlen, sagt sie. Als sie allerdings bemerkte, dass sie nicht genug Bargeld in der Tasche hatte, habe sie auch ein Glas Pesto mitgehen lassen. Vorher hatte sie ihre restlichen Einkäufe bezahlt – nur das Rosenstämm­chen nicht erwähnt. „Ich weiß, dass das falsch war“, sagte gestern die Angeklagte.

Bis zu diesem Zeitpunkt war es juristisch betrachtet ein einfacher Ladendiebs­tahl mit einer Beute von etwas mehr als 25 Euro. Mehr als eine Geldstrafe hätte die 41-Jährige wohl nicht zu erwarten gehabt. Doch dann wurde ein Mitarbeite­r des Bauernmark­tes auf den Diebstahl aufmerksam und stellte die Frau an ihrem Auto zur Rede. Sie soll alles geleugnet haben und sei einfach weggefahre­n, schilderte ein Zeuge. Weil der Mann sich vor das Auto stellte und vergeblich versuchte, die Angeklagte zu stoppen, wertet das Gericht das Fahrzeug als „gefährlich­es Werkzeug“und die Tat daher als schweren räuberisch­en Diebstahl. Eine einfache Geldstrafe war so nicht mehr möglich.

Im Verfahren kam der Angeklag- ten, die ein geregeltes Einkommen hat , vieles zu Gute: Die Frau hat keine Vorstrafen, berichtete umfassend über die Tat und hatte sich noch am Abend des Diebstahls beim Bauernmark­t entschuldi­gt und das Rosenstämm­chen zurückgege­ben. Kurz gab es für die Angeklagte sogar Hoffnung, nur mit einer Geldstrafe den Saal zu verlassen. Sogar Staatsanwa­lt Guido Schulz hatte dem Gericht empfohlen, das Verfahren einzustell­en.

Doch das Urteil, das spricht im- mer noch der Richter. „Wir haben Ihre Tat bereits als minder schweren Fall eingestuft, aber wir können nicht unter dem vorgeschri­ebenen Strafmaß bleiben“, sagte van Gemmeren zur Angeklagte­n. Vom Tisch ist der Fall damit aber nicht – dass die Frau Rechtsmitt­el einlegen wird, ist so gut wie sicher. „Ich halte ein solches Urteil nicht für angemessen. Hätte ich das Ermittlung­sverfahren aufgenomme­n, hätte ich die Anklage so nicht erhoben“, sagte Staatsanwa­lt Schulz.

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