Aus-Grenzung
Gestern vor 79 Jahren am 9. November 1938 ereignete sich ein einschneidender Schritt der Ausgrenzung jüdischer Menschen in Deutschland. Geschäfte wurden nicht nur boykottiert wie schon 1933, vielmehr wurden Schaufensterscheiben zerstört, Geschäfte geplündert, tausende Männer grundlos verhaftet, gedemütigt und geschlagen, unzählige jüdische Gotteshäuser angezündet und zerstört. Das alles geschah mitten in unseren Städten und Dörfern, durch Menschen, die hier lebten, von der großen Mehrheit schweigend befürwortet oder hingenommen. Die Ausgrenzung jüdischer Bürger war für die Mehrheit der Menschen – auch der Christenmenschen – kein Skandal, sondern Normalität. Nur wenige haben dagegen protestiert, manche haben im Verborgenen jüdischen Nachbarn geholfen. Die Ausgrenzung war gelungen – und ging weiter bis zu ihrem tödlichen Ausgang.
Der 9. November: Ein Tag, an dem dieser Ausgrenzung und ihrer Folgen gedacht werden muss. Ein Tag, der uns gemahnt, aufmerksam zu sein, wo hier und heute Ausgrenzung stattfindet, wo ich selbst andere ausgrenze, weil sie anders sind, anders leben, anders glauben.
Gestern vor 28 Jahren am 9. November 1989 ein ganz anderes Bild: die Grenze zwischen Ost und West öffnet sich, die Mauer, die so viele Menschen eingeengt hat und auch voneinander getrennt, fällt. Die Grenze hat ausgespielt. Ein Grund zur Freude. Solch ein Aus für die Grenzen zwischen Menschen brauchen wir jeden Tag aufs neue. Der 9. November erinnert uns auch daran.
Der 9. November – für mich ein denkwürdiger und nachdenkenswerter Tag der Geschichte. PFARRERIN RAHEL SCHALLER EV. KIRCHENGEMEINDE GOCH