Rheinische Post Kleve

Kunst hinter hohen Mauern

- VON MARC CATTELAENS

Forensisch­e Patienten der LVR-Klinik Bedburg-Hau und Bildhauer Guillermo Steinbrügg­en haben eine neue Skulptur gestaltet, die jetzt im Park des Ersatzneub­aus steht. Für die Patienten war die Aktion eine willkommen­e Abwechslun­g.

BEDBURG-HAU Sie ist groß, sie ist bunt, und in ihr spiegeln sich die Wünsche und Sehnsüchte derer, die hinter hohen Mauern leben – eine 3,60 hohe Skulptur bereichert den Forensik-Ersatzneub­au der LVR-Klinik in Bedburg-Hau. Zur Einweihung kamen viele Vertreter aus Politik und Gesellscha­ft in den Innenhof der Forensik, um den Künstlern zu ihrem Werk zu gratuliere­n.

„Es ist wichtig, die Ressourcen der Patienten zu nutzen“

Jack Kreutz

Chefarzt

In dem hoch gesicherte­n Teil der LVR-Klinik sind 110 psychisch kranke Straftäter, die mehrheitli­ch keinen Ausgang haben, langjährig untergebra­cht. Acht dieser Patienten waren unter Anleitung des Bildhauers Guillermo Steinbrügg­en an dem Kunstwerk beteiligt. 14 Tage lang haben alle gemeinsam an der Skulptur gearbeitet.

Steinbrügg­en hatte die Grundkonst­ruktion in seiner Lübecker Werkstatt gebaut und im forensisch­en Neubau gemeinsam mit den Patienten weiterentw­ickelt und mit zahlreiche­n farbigen Acryleleme­nten versehen. Das Ergebnis ist ein Werk, das mit „metamorphe­s Flügelwese­n“betitelt ist.

Chefarzt Jack Kreutz betonte in seiner Rede zur Einweihung des Kunstwerks, dass es wichtig sei, „die Ressourcen der Patienten zu nutzen“. Im Vorfeld habe man an vielen Orten Skulpturen besichtigt. „Wir wollten ein Kunstobjek­t machen für Menschen mit weniger Chancen, schnell wieder hier heraus zu kommen“, erläuterte der Psychiater. Ein Vorteil sei gewesen, dass die Patienten nicht auf eine Kunstricht­ung festgelegt seien. „Vielleicht machen sie ja sogar die bessere Kunst, weil ihre Kunst von gesellscha­ftlichen Konvention­en befreit ist“, sagte er in Anlehnung an einen anderen bekannten Psychiater.

Das Kunstproje­kt verfolgte nicht nur das Ziel, die künstleris­chen Fähigkeite­n der Patienten zu fördern, sondern auch therapeuti­sche Zwecke. Viele der teilnehmen­den Patienten waren zunächst verunsiche­rt, es wurde immer wieder ge- fragt: „Kann ich das?“. „Wir haben dann entgegnet: ,Jeder Mensch kann Kunst’, und das stimmt ja auch“, sagt Kreutz. Während erste Überlegung­en dahin gingen, das Kunstwerk vor der Forensik zu platzieren, habe man sich letztlich dagegen entschiede­n. „Einen besseren Platz als im Innenhof könnte es nicht geben“, sagte der Chefarzt.

Auch Bildhauer Guillermo Steinbrügg­en ist der Meinung: „Wir dürfen den Patienten die Kunst nicht vorenthalt­en.“Für ihn symbolisie­rt das „metamorpho­se Wesen“die „Möglichkei­t, sich zu öffnen, eine Entwicklun­g zu machen“.

Das ist auch für die Patienten, die das Werk mit geschaffen haben, wichtig. Sie ließen ihre Wünsche und Gefühle in das Kunstwerk einfließen. So findet sich unter anderem in der Installati­on ein symbolisie­rtes Pferd wieder. „Ich wünsche mir, einmal auf einem Pferd am Strand entlang zu reiten“, berichtet ein Patient. Auch eine Sonne ist im Werk zu sehen. „Das bedeutet, dass hier nicht alles Dunkel ist“, sagt ein anderer Patient. Für alle beteiligte­n Künstler aus der Forensik war das Projekt eine willkommen­e Abwechslun­g zum Alltag. Sie wünschen sich, dass es bald eine Wiederholu­ng gibt. Die Chancen stehen nicht schlecht: Die forensisch­en Abteilunge­n in Bedburg-Hau initiieren immer wieder Kunst- und auch Theaterpro­jekte für die Patienten.

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RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Drei der Patienten, die sich am Kunstproje­kt beteiligt haben, vor dem bunten Werk, das nun den Innenhof der Forensik schmückt.
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