Rheinische Post Kleve

Kommt herbei, singt dem Herrn

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Es gibt sie - Gänsehautm­omente im Gottesdien­st? Ich persönlich erlebe sie besonders, wenn „die ganze Kirche mitsingt“. Da ist es dann nicht so wichtig, ob es sich um ein altes Kirchenlie­d oder ein modernes Geistliche­s Lied handelt. Allein die Tatsache, dass (fast) alle mitsingen, sorgt für „good vibrations“.

Im Gottesdien­st in der Klever JVA wurde ich hellhörig, als ein Mann die Lieder aus voller Kehle mitsang. Bis dahin war der Gesang eher zweistimmi­g gewesen, es sangen der Organist und ich. Ich sprach den Mann an, ob er nicht Lust hätte, mit anderen Gefangenen und mir einen kleinen Chor zu gründen, um den sonntäglic­hen Gesang ein bisschen nach vorne zu bringen.

Er war sofort bereit, mitzumache­n, und so haben wir einzelne Männer gezielt angesproch­en. Bald war eine Gruppe von sechs Sängern zusammen, und es entstand die Freizeitgr­uppe „Kirchencho­r“, von einigen auch „Der Gefangenen­chor“genannt.

Inzwischen hat sich der Chor gemausert, aktuell singen zehn Männer mit, und es gibt einen externen Chorleiter, der jede Woche zur Chorstunde ins Haus kommt. Wir üben Lieder für den Gottesdien­st, singen aber auch gerne mal die Feten- und Lagerfeuer-Klassiker.

Berührt hat mich die Aussage eines Mannes, der mir sagte: „Ich freu mich jedes Mal auf die Chorstunde. Das Singen macht mir Spaß, es tut mir gut, und anschließe­nd singe ich noch den ganzen Abend auf der Zelle. Das sind Abende, an denen ich mich befreit fühle.“

Und am Sonntag gibt es jetzt auch öfter mal Gänsehaut in der JVA. Gott sei Dank! REINER ROSENBERG PASTORALRE­FERENT GEFÄNGNISS­EELSORGER, JVA KLEVE

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