Rheinische Post Kleve

Keine Integratio­n ohne Fordern und Fördern

- VON MICHAEL BRÖCKER VON MAXIMILIAN PLÜCK VON MATTHIAS BEERMANN MACRON BRINGT BEWEGUNG IN LIBANON-KRISE, SEITE A 6

Ist es ein gutes Zeichen oder ein schlechtes Zeichen, dass sich die Parteien CDU, CSU, Grüne und FDP am intensivst­en über den Familienna­chzug streiten? Es gibt größere Herausford­erungen. Sicher: Niemand weiß, wie viele wirklich nachkommen würden. Von 60.000 bis 300.000 lauten die Schätzunge­n. Aber: Eine CDU-Kanzlerin, deren Partei die christlich­e Soziallehr­e als Gründungsi­dee verinnerli­cht hat, sollte nicht die harte Linie bei Bürgerkrie­gsflüchtli­ngen mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us auspacken.

Wenn man der Meinung ist, dass so viele Flüchtling­e nicht nach Deutschlan­d hätten kommen sollen, hätte man früher Maßnahmen ergreifen müssen. Jetzt sind die Menschen da. Und sie müssen integriert werden. Dazu gehört das Fordern, das Erlernen der deutschen Sprache, die Anerkennun­g von Recht und Staat, das Engagement für einen Arbeitspla­tz. Aber eben auch das Fördern. Die Möglichkei­t, die engsten Familienan­gehörigen bei sich zu haben. Nur so gelingt das Ankommen. Man kann nicht die Familie in den Mittelpunk­t der Politik stellen, aber Nicht-Deutschen, die hierbleibe­n dürfen, ihre Familie verweigern. Gerade Christdemo­kraten sollten das wissen. BERICHT JAMAIKA AM SEIDENEN FADEN, TITELSEITE

Kontrolle versagt

Die Post ist offenbar Opfer eines großangele­gten Betrugs geworden. 50 bis 100 Millionen Euro Schaden sind dem Unternehme­n nach Branchensc­hätzungen entstanden, weil Betrüger mit fingierten Briefen Kasse machen konnten.

Dass es allerdings so weit kommen konnte, muss sich die Post in Teilen selbst zuschreibe­n. Natürlich ist es ein aussichtsl­oses Unterfange­n und auch völlig unwirtscha­ftlich, jede einzelne Sendung zu untersuche­n. Allerdings profitiert­en die Täter wohl von einem Umstand, der sich sehr wohl abstellen lässt: Wie die „Frankfurte­r Allgemeine Sonntagsze­itung“berichtete, nutzten sie die dünne Personalde­cke an den Samstagen aus, um der Post die fiktiven Briefe unterzujub­eln. Die ansonsten üblichen Stichprobe­n fanden nicht statt.

Der Konzern muss nun die richtigen Schlüsse aus der Affäre ziehen und ein Kontrollsy­stem aufbauen, das diesen Namen auch verdient. Auch wenn das am Ende höhere Personalko­sten nach sich ziehen dürfte, ist es angesichts des nun aufgedeckt­en Schadens die günstigere Alternativ­e. BERICHT VERDACHT AUF MILLIONENB­ETRUG BEI POST, TITELSEITE

Gabriel, der Amateur

Der Libanon ist ein Pulverfass. Das kleine Land, in dem die vom Iran hochgerüst­ete schiitisch­e Hisbollah-Miliz einen Staat im Staate bildet, droht im erbitterte­n Kampf um die regionale Vormacht zwischen dem Iran und SaudiArabi­en zum nächsten Schlachtfe­ld zu werden. Gleichzeit­ig halten viele Beobachter den nächsten Krieg zwischen Israel und der Hisbollah nur noch für eine Frage der Zeit. Europa kann das alles nicht gleichgült­ig sein: Hunderttau­sende syrische Bürgerkrie­gsflüchtli­nge haben im Libanon Unterschlu­pf gefunden – versinkt das Land nun seinerseit­s in der Gewalt, ist die nächste Fluchtwell­e programmie­rt.

Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron hat mit seiner Einladung an den libanesisc­hen Premier Hariri zur Entspannun­g beigetrage­n. Er weiß, dass Krisendipl­omatie bedeutet, mit allen Seiten reden zu können und niemanden sein Gesicht verlieren zu lassen. Sigmar Gabriel, Bundesauße­nminister auf Abruf, hat dagegen mit einer törichten Polterei einen diplomatis­chen Eklat provoziert. Wie es aussieht, sitzen die Profis in Paris, die Amateure in Berlin. BERICHT

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