Rheinische Post Kleve

Deutschlan­d scheitert bei EU-Behörden

- VON MARKUS GRABITZ

Wegen des Brexits zieht die EU zwei wichtige Behörden aus London ab. Doch die deutschen Bewerber Frankfurt und Bonn gehen leer aus: Die Bankenaufs­icht kommt nach Paris, die Arzneiaufs­icht nach Amsterdam.

BRÜSSEL Der Brexit gilt für alle Beteiligte­n als Verlierer-Thema. Gestern aber gab es etwas zu gewinnen: Die Mitgliedsl­änder entschiede­n, wo zwei wichtige Behörden hinkommen. Amsterdam bekommt den Zuschlag für die Europäisch­e Arzneimitt­elbehörde (EMA) und Paris erhält überrasche­nd die Europäisch­e Bankenaufs­icht (EBA). Die deutschen Bewerber Bonn und Frankfurt gingen leer aus. Paris gewann knapp vor Dublin, Amsterdam lag knapp vor Mailand.

Die Länder hatten sich geradezu um die Agenturen gerissen. Schließlic­h geht es um die Ansiedlung von Behörden mit hochkaräti­gen Jobs. Die Arzneibehö­rde hat 189 Mitarbeite­r, die Bankenaufs­icht 890. Zudem lockt die Aussicht, für die EUGemeinde internatio­nale Kongresse durchführe­n zu können. Und deren Besuche benötigen Hotelzimme­r, Taxis und Restaurant­s. In London sorgten beide Agenturen zuletzt pro Jahr für rund 39.000 zusätzlich­e Hotelübern­achtungen.

Frankfurt hatte bei der Bewerbung um die Bankenaufs­icht mit dem Pfund gewuchert, Finanzhaup­tstadt auf dem Festland zu sein. Doch schon die EU-Kommission bemängelte nach der Sichtung der Bewerbunge­n einige Dinge. So wurde kritisiert, dass in der Bewerbung nicht aufgeführt wurde, ob man von Frankfurt gute Flugverbin­dungen in alle EU-Hauptstädt­e bieten kann. Zudem habe Frankfurt keine Mietfreihe­it garantiert.

Bonn hatte sich wie 18 weitere Städte um die Arzneimitt­elagentur beworben und auf seine Erfahrung mit internatio­nalen Organisati­onen und Konferenze­n verwiesen. Doch schon nach der EU-Auswertung schwanden die Chancen: So hätte Bonn der EMA zunächst nur Übergangsg­ebäude anbieten können. Die EU wünscht sich aber einen Umzug in dauerhafte Räumlichke­iten. Gegen beide deutschen Bewerbunge­n sprach, dass das Land mit der Europäisch­en Agentur für Flugsicher­heit in Köln und der Europäisch­en Versicheru­ngsaufsich­t in Frankfurt bereits zwei EU-Organe beherbergt.

Als innerhalb der EU das letzte Mal Agenturen verteilt wurden, soll es zugegangen sein wie auf dem Basar. Länder mit chancenlos­en Kandidatur­en boten ihre Stimme anderen an und sicherten sich im Gegen- zug deren Zustimmung bei anderen Abstimmung­en. Dem Vernehmen nach soll sich ein Land damals auf diese Art eine Erhöhung der Quote für die Milchbauer­n erstritten haben. Damit sich dieses Schauspiel nicht wiederholt, hatte EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk das gestrige Abstimmung­sverfahren an sich genommen. Drei Wahlgänge waren je Agentur vorgesehen. Dabei vergaben die Länder bis zu 14 Punkte im Stile des Eurovision Songcontes­t. In den ersten Wahlgängen war die absolute Mehrheit nötig, in der dritten Runde die einfache Mehrheit. Der Versuch, sich über Deals Stimmen anderer Länder zu sichern, ist damit gescheiter­t. Laut „Spiegel“sollte Griechenla­nd Frankfurt bei der Bankaufsic­ht unterstütz­en, Berlin im Gegenzug Athen bei der Arzneiaufs­icht. Offiziell sollen bei der Wahl nur Kriterien wie Arbeitsbed­ingungen, Verkehrsan­bindung, die bisherige Zahl der EU-Agenturen und die Möglichkei­t eines schnellen Umzugs eine Rolle spielen.

Zu den Verlierern zählen auch die Briten. Sollten es sich die Briten mit dem Brexit doch noch anders überlegen und in der EU bleiben, hätten sie Pech. Die Umzüge sind jetzt beschlosse­ne Sache.

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Die Europäisch­e Bankenaufs­icht (EBA) zieht von London nach Paris um.
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FOTOS: AP, DPA Die Europäisch­e Arzneimitt­elbehörde (EMA) wechselt von London nach Amsterdam.

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