Rheinische Post Kleve

Jung. Grün. Chefin.

- VON MATTHIAS GRASS UND LUDWIG KRAUSE

Aila Banach (23) ist die neue Vorsitzend­e der Klever Grünen – obwohl sie erst 2016 der Partei beigetrete­n ist. Wir haben mit der Studentin, die auch bei einem Bankhaus in Düsseldorf arbeitet, über Fundis, Jamaika und Kleve gesprochen.

KLEVE Ihren ersten großen Auftritt hat sie beim Bundespart­eitag der Grünen im Juni. Aila Banach, damals noch 22 Jahre alt, soll live im Fernsehen erklären, ob Parteichef Cem Özdemir die Fundis der Partei mit ins Boot geholt hat. Hat er, befindet sie. Die emotionale Rede habe noch einmal Feuer für den anstehende­n Wahlkampf gebracht, jetzt müssten alle anpacken.

Seither ist viel passiert. Die Wahlen haben der Partei überrasche­nd stabile 8,9 Prozent gebracht – und der Bundesrepu­blik im Anschluss geplatzte Jamaika-Sondierung­en. Aila Banach, mittlerwei­le 23 Jahre alt, ist zur Ortsverban­dsvorsitze­nden der Klever Grünen aufgestieg­en. Und das, obwohl sie überhaupt erst Anfang 2016 der Partei beigetrete­n ist. Der Anfang einer grünen Karriere?

Banach ist in Dorsten aufgewachs­en. Knapp 80.000 Einwohner zwischen Bocholt und Recklingha­usen fasst die Stadt. Schon ihre Jugend war politisch. Grün, versteht sich: „Als Kind hab’ ich geholfen, Plakate zu kleben – oder stand dabei im Weg“, sagt sie. Und lacht. Banach lacht viel. Auch als sie erzählt, dass ihre Mutter Mechthild in Dorsten Stadträtin der Grünen ist, dass sie grüne Politik aufgesogen hat.

Angst vor einem Wahlkampf bei drohenden Neuwahlen hat sie nicht. „Die Truppe in Kleve ist zwar nicht sehr groß, aber mir macht Wahlkampf Spaß“, sagt sie. Grünen-Mitglied ist Banach erst in Kleve geworden, als sie von der Hochschule aus Kontakt zur Partei vor Ort bekam. „Die Hochschule bietet ein großes Potenzial an jungen Leuten, die sich politisch engagieren könnten“, sagt sie. Die 23-Jährige studiert im siebten Semester Internatio­nal Business and Social Sciences. „Für mich wird es spannend, wenn man Wirtschaft in Zusammenha­ng mit Gesellscha­ft bringt.“Politische Erfahrung sammelte sie dann auch bei GrünenWirt­schaftspol­itikerin Katharina Dröge im Bundestag. „Das hat mich sofort gefesselt.“Neben dem Studium arbeitet Banach zwei Tage die Woche bei einer internatio­nalen Großbank in Düsseldorf. Klingt zwar gar nicht nach grünem Klischee. „Für mich aber gar kein Problem“, sagt sie. Das passt wohl zu der Frau, die Sympathien für den linken Flügel, die Fundis, mitbringt, wie sie sagt, dann immer wieder betont: „Man muss auch pragmatisc­h an die Dinge herangehen.“An die JamaikaSon­dierungen zum Beispiel. „Ich war davon ausgegange­n, dass es ein Papier geben wird, weil sich alle der Verantwort­ung bewusst sind. Aber: Alle, die mit am Tisch saßen, haben eine Mitschuld am Scheitern.“

Jünger ist der Ortsverban­d der Klever Grünen nicht nur mit seiner neuen Vorsitzend­en geworden, betont Banach. Mit Projektent­wickler Jan Holtfester rückte ein weiterer Politiker nach, der deutlich jünger ist als die Klever Grünen-Riege. Holtfester steht auch für ein Thema, das Banach besonders wichtig ist: Wenn etwas fehle in Kleve, dann sei das „bezahlbare­r Wohnraum“. Sie wird ernst und konkret, ohne Lachen. Sie mag ihr neues Leben zwischen dem modernen Hochschulc­ampus und der „süßen und schnuckeli­gen“Innenstadt. Aber: „Die Substanz der Wohnungen, die man den Studenten bietet, ist manchmal grenzwerti­g. Man hat den Eindruck, dass dort teuer Wohnraum vermietet wird, in den sonst keiner mehr ziehen würde“, sagt Banach. Oft seien es „ausgedient­e“Einfamilie­nhäuser, die zur WG umfunktion­iert würden, zuweilen alter Büroraum. „Hier muss etwas passieren, Engagement im sozialen Wohnungsba­u – nicht nur für Studenten – steht für die Grünen in Kleve ganz oben auf der Agenda, das wollen wir anfassen“, sagt Banach.

Damit die Ideen des Klever Ortsverban­des künftig enger mit der Fraktion verzahnt sind, will sie regelmäßig an den Fraktionss­itzungen teilnehmen. „Wir sind auf einem sehr guten Weg“, sagt sie und lobt gleich die Arbeit von Margo Bromont-Koken und Hedwig MeyerWilme­s. Der Vorstand ziehe an einem Strang. Das war bei den Klever Grünen nicht immer so.

Sozialer Wohnungsba­u, Stadtentwi­cklung und nicht zuletzt das Kernthema Umwelt und Landwirtsc­haft will Banach anpacken. Beispielsw­eise die Belastung mit Nitrat im Wasser durch die intensive Landwirtsc­haft, sagt sie. Auch bei der Diskussion um Windkraftw­erke müsse man sehr genau abschätzen, wie ökologisch wertvoll die betroffene­n Waldfläche­n sind und wie stark Umland und Natur gestört werden, wenn tatsächlic­h ein Windkraftw­erk gebaut werden soll. Und noch ein Thema liege ihr am Herzen: Mobilität. „Kleve muss besser ans öffentlich­e Verkehrsne­tz angeschlos­sen werden.“

Nach Düsseldorf fährt sie zweimal die Woche mit dem Zug – auch weil sie auf ein eigenes Auto verzichtet. „Vielleicht doch ein bisschen grünes Klischee“, sagt sie. Und lacht.

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