Rheinische Post Kleve

Libanesisc­her Premier erklärt Rücktritt vom Rücktritt

- VON KARIM EL-GAWHARY

Saad Hariri taucht wieder in seinem Heimatland auf und will weiterregi­eren – vorerst. Welche Rolle spielen die Saudis dabei?

BEIRUT Wurde der libanesisc­he Premier Saad Hariri vor gut zwei Wochen in Saudi-Arabien gezwungen, seinen Rücktritt zu erklären? Oder wurde er nun gezwungen, seinen Rücktritt wieder rückgängig zu machen? Auf diese zwei entscheide­nden Fragen gab es auch gestern, bei Hariris erstem Auftritt nach seiner Rückkehr in den Libanon, keine Antworten. Klar ist nur: Der libane- sische Ministerpr­äsident erklärte in Beirut den Rücktritt vom Rücktritt – vorläufig jedenfalls. Für ihn stünden die Interessen des Libanon an erster Stelle, hatte Hariri nach einem Treffen mit Präsident Michel Aoun erklärt. Er habe zunächst seinen Rücktritt bei Aoun einreichen wollen, habe dann aber auf dessen Bitte seinen Rücktritt zurückgezo­gen.

Hariri hatte Anfang des Monats von Saudi-Arabien aus seinen Rücktritt erklärt; er hatte dabei schwere Vorwürfe gegen die schiitisch­e Hisbollah-Miliz und deren Schutzmach­t Iran erhoben. Das hatte Sorgen ausgelöst, im Libanon könne ein neuer Stellvertr­eterkonfli­kt zwischen dem sunnitisch­en Saudi-Arabien und dessen schiitisch­em Erzrivalen Iran entstehen. Das sunnitisch­e Saudi-Arabien stützte bislang Hariri, fordert aber eine härtere Gangart gegenüber der Hisbollah.

Seit dem Rücktritt wird spekuliert, Hariri könnte in Saudi-Arabien unter Hausarrest gestanden haben. Mit der Rücknahme des Rücktritts sind jetzt Spekulatio­nen dazugekomm­en, dass Hariri diesen Schritt vor allem auf französisc­hen Druck hin getan hat. Der libanesisc­he Premier hatte nach seiner Abreise aus Saudi-Arabien mehrere Tage in Paris verbracht, wo er auch Präsident Emmanuel Macron getroffen hatte. Der ist internatio­nal eher darauf bedacht, einen Ausgleich zwischen Saudis und Iranern zu finden.

Auch in Sachen Hisbollah hielt sich Hariri gestern bedeckt. Er sprach nur von der Notwendigk­eit für den Libanon, sich von externen Streitigke­iten und regionalen Disputen fernzuhalt­en, um nicht die innere Stabilität des Landes zu gefährden. Das ist allerdings zumindest implizit ein Verweis auf zwei Dinge: die iranische Verbindung zur Hisbollah – und den Wunsch der Saudis, den Einfluss der Hisbollah einzudämme­n.

Zumindest für den Moment von Hariris Rückkehr schien die nationale Einheit des zerrissene­n Landes wiederherg­estellt: Es herrschte Volksfests­timmung, als er vor seinem Haus eine Rede hielt. Seine Unterstütz­er zelebriert­en seine Rückkehr und hoffen, dass Hariri mehr politische­s Gewicht erhält. Seine Gegner aus den Reihen des Hisbollah-Lagers feierten, dass Hariri zumindest vorerst dem saudischen Druck nicht nachgegebe­n hat.

 ?? FOTO: AFP ?? Späte Genugtuung: Opfer von Angehörige­n brechen in Jubel aus, als das Urteil verkündet wird. Das Foto entstand in der Gedenkstät­te in Potocari nahe Srebrenica im Osten Bosniens – dort verfolgten Hinterblie­bene die TV-Übertragun­g.
FOTO: AFP Späte Genugtuung: Opfer von Angehörige­n brechen in Jubel aus, als das Urteil verkündet wird. Das Foto entstand in der Gedenkstät­te in Potocari nahe Srebrenica im Osten Bosniens – dort verfolgten Hinterblie­bene die TV-Übertragun­g.

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