Rheinische Post Kleve

Sperrklaus­el: Kleinstpar­teien feiern

- VON LUDWIG KRAUSE

Drei Gruppierun­gen hätten es mit der Hürde nicht in den Kreistag geschafft.

KREIS KLEVE Auch künftig können Parteien mit weniger als 2,5 Prozent der Stimmen in Gemeinderä­te und Kreistage einziehen. Das hat der Verfassung­sgerichtsh­of entschiede­n und damit für Erleichter­ung bei den Kleinstpar­teien im Kreis Kleve gesorgt. „Für die Parteien wäre es mit dem Landtagsbe­schluss bei der nächsten Wahl um das nackte politische Überleben gegangen“, sagt Tim Reuter, Vorsitzend­er der Piraten-Fraktion im Klever Kreistag.

In der Region ist vor allem der Kreistag von der Entscheidu­ng betroffen. Das zeigt ein Blick auf die Ergebnisse der jüngsten Kommunalwa­hlen im Jahr 2014. Damals waren drei Parteien unter die Marke von 2,5 Prozent gefallen: die Freien Wähler mit 2,4 Prozent, die Piraten mit 1,88 Prozent und die Bürgerge- meinschaft Sozialer Demokraten mit 0,59 Prozent. Der NRW-Landtag hatte im vergangene­n Jahr beschlosse­n, dass die Parteien mit diesem Ergebnis nicht mehr hätten in das Parlament einziehen können. Für die AfD (2,88 Prozent) und die Linke (2,78 Prozent) wäre es damals zumindest knapp geworden. Doch auch sie müssen künftig nicht zittern: Der Beschluss des Landtages verletzte den Grundsatz der Wahlrechts­gleichheit, entschied der Verfassung­sgerichtsh­of.

„Das ist eine Stärkung der Demokratie. Gerade im kommunalen Bereich beleben die kleinen Parteien die Diskussion in den Parlamente­n“, sagt Pirat Tim Reuter. Die Handlungsf­ähigkeit der Räte und Kreistage sehe er dadurch nicht gefährdet. „Wenn aber Wähler wissen, dass ihre Stimme an die kleinen Parteien verschenkt ist, weil sie es eh nicht in die Gremien schaffen, dann fördert das eher die Politikver­drossenhei­t“, sagt Reuter.

Anders sehen das die großen Parteien. „Die Entscheidu­ng ist bedauerlic­h. Berichte aus vielen Räten zeigen, dass einige Kleinstgru­ppen die parlamenta­rischen Abläufe unglaublic­h verlängern, ohne etwas Konstrukti­ves beizutrage­n“, sagt der CDU-Kreisvorsi­tzende und Landtagsab­geordnete Günther Bergmann. In Dortmund oder Köln würden Sitzungen um 14 Uhr beginnen und sich bis nach Mitternach­t ziehen, manche seien auf zwei Tage angesetzt. „Da muss man sich doch fragen: Wer soll das noch ehrenamtli­ch leisten? Und welcher Arbeitgebe­r will da noch ein Ratsmitgli­ed in seinen Reihen sehen?“Man wolle die Begründung des Urteils nun in Ruhe abwarten. „Aber es darf nicht in Richtung Weimar zerbröseln.“

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