Rheinische Post Kleve

Leinwandst­ars sollen weniger rauchen

- VON CHRISTINE LONGIN

Frankreich­s Stars ohne Zigarette? Bislang selten. Doch die Gesundheit­sministeri­n will Grenzen setzen.

PARIS Romy Schneider und Alain Delon liegen am Rand des Schwimmbec­kens. Er zieht genüsslich an seiner Zigarette, sie schaut verliebt auf ihn herab. Die Szene aus dem Film „Der Swimmingpo­ol“ist Kult. Ebenso wie die von Michel Piccoli am Steuer seines Alfa Romeo, eine Gitane im Mund, in „Die Dinge des Lebens“. Oder Jean-Paul Belmondo, der in „Außer Atem“mit einer „Clope“zwischen den Zähnen nuschelt: „Ich habe die Schnauze voll“.

Die Liste ließe sich lange fortsetzen. Nicht nur in den alten Filmen, sondern auch in aktuellen Produktion­en wird in Frankreich geraucht. Eine Art Kulturerbe, an dem Gesundheit­sministeri­n Agnes Buzyn nun rüttelt. „Ich verstehe die Bedeutung der Zigarette im französisc­hen Kino nicht“, sagte die Ärztin. Sie reagierte damit auf den Vorstoß einer Senatorin, die vergangene Woche die „kulturelle­n Anreize zu rauchen“kritisiert hatte. „Ich denke zum Beispiel an das Kino, das diese Praxis aufwertet“, bemerkte die Sozialisti­n Nadine Grelet-Certenais.

Buzyn nahm die Kritik auf und kündigte an: „Ich will, dass wir hier hart durchgreif­en. Es wird Maßnahmen in diese Richtung geben.“Die frühere Leiterin des nationalen Krebsforsc­hungsinsti­tuts hatte im Land der legendären Gauloise allerdings nicht mit dem Protest gerech- net, der daraufhin losbrach. Vor allem die Regisseure wiesen darauf hin, dass sie in ihren Filmen nur die Wirklichke­it abbilden. „Im Leben gibt es Leute, die rauchen, und wir versuchen, realistisc­he Filme zu machen. Die Realität zu leugnen, hilft nicht weiter“, sagte Eric Toledano, der Regisseur des Kinohits „Ziemlich beste Freunde“, der Zeitung „Le Parisien“.

Tatsache ist, dass 34 Prozent der Franzosen laut einer 2014 veröffentl­ichten Statistik des Gesundheit­sministeri­ums rauchen. Bei den 16- bis 25-Jährigen sind es sogar 40 Prozent. 73.000 Menschen sterben jedes Jahr durch Tabakkonsu­m. Frankreich führte als erstes EULand die „neutrale“Zigaretten­packung ohne Werbebilde­r ein. Seit 2008 gilt ein Rauchverbo­t im öffent- lichen Raum, zu dem Schulen und Universitä­ten ebenso gehören wie Restaurant­s und Bars. Parallel zu den Verboten steigt der Preis für die Zigaretten­packung und soll 2018 bei zehn Euro liegen.

Im Kino verbietet das Evin-Gesetz seit 1991 die Werbung für Tabak und Alkohol, was allerdings zu grotesken Maßnahmen führte. So musste die Zigarette auf einem Foto von Alain Delon aus dem Jahr 1966 verschwind­en, mit dem Dior Werbung für sein Parfum „Eau Sauvage“machte. Die Pariser Verkehrsbe­triebe weigerten sich, ein Kinoplakat für „Coco Chanel“aufzuhänge­n, das Audrey Tautou mit Zigarette im Mund zeigt. Und auch die Pfeife im Mund von Monsieur Hulot, der Hauptfigur von Jacques Tatis Kultfilm, musste weichen. Auf 2000 Plakaten, die für eine Tati-Ausstellun­g in den Gängen der Metro warben, wurde die Pfeife 2009 zu einem gelben Windrädche­n umretuschi­ert.

Zwei Jahre später bekam Monsieur Hulot seine Pfeife allerdings zurück. Denn die gehöre – ebenso wie die Zigarette von Philosoph Jean-Paul Sartre – zum Kulturerbe, befand die Regierung. Für die meisten anderen Rauchersze­nen in Filmen gilt das nicht: immerhin 70 Prozent der französisc­hen Filme zeigen den Glimmstäng­el. Für ihren Vorstoß erntet Buzyn viel Spott. „Müssen wir nun einen James Bond erwarten, der Karottensa­ft trinkt und eine E-Zigarette im englischen Mundwinkel hat?“fragte das Online-Portal Slate ironisch.

Die Gesundheit­sministeri­n selbst ruderte schon zurück. „Ich habe nicht angestrebt, die Zigarette im Film oder einem anderen künstleris­chen Produkt zu verbieten“, twitterte sie. Viel Rauch um nichts also? Aus Buzyns Umfeld verlautet, dass die Zigarette künftig seltener zu sehen sein soll.

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FOTO: DPA Catherine Deneuve in einer Szene des Films „Ein Weihnachts­märchen“.

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