Rheinische Post Kleve

Das kommt jetzt auf Diesel-Fahrer zu

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In vielen Städten drohen im nächsten Jahr Diesel-Fahrverbot­e. Mit einem Milliarden-Programm für bessere Luft wollen Bund, Länder und Kommunen gegensteue­rn – doch ob das ausreicht, ist offen.

DÜSSELDORF (RP) Die Ankündigun­g der Düsseldorf­er Regierungs­präsidenti­n Birgitta Radermache­r (CDU), man werde an Fahrverbot­en in Düsseldorf nicht vorbeikomm­en, stieß bei der schwarz-gelben Koalition im Landtag auf wenig Begeisteru­ng. Wie aus Koalitions­kreisen zu hören ist, wurde Radermache­r gedrängt, ihre Haltung öffentlich zu relativier­en. Das tat die Bezirksreg­ierung mit dem Hinweis, Fahrverbot­e seien nicht zwingend notwendig. Ob Radermache­r Recht behält, wird 2018 zeigen – beim gestrigen Diesel-Gipfel in Berlin versuchte man, eine andere Lösung zu finden. Was wurde in Berlin beschlosse­n? Die Vertreter von Bund, Ländern und Gemeinden konnten sich auf ein eine Milliarde Euro schweres „Sofortprog­ramm saubere Luft 2017 bis 2020“einigen. Geplant ist, mehr Elektrofah­rzeuge in die Innenstädt­e zu schicken: Busflotten des ÖPNV, Lieferverk­ehr und Taxis. Die alten Diesel-Busse sollen so nachgerüst­et werden, dass sie weniger Stickoxide ausstoßen. Durch digitale Verkehrsst­euerung sollen zudem Abgaswerte gesenkt werden. Die Kommunen sollen das Geld auch für den Ausbau von Radwegen einsetzen. Die EAuto-Kaufprämie, die bislang ein Flop ist, soll erhalten bleiben. Wann können die Kommunen mit dem Geld vom Bund rechnen? Ab heute sollen Kommunen, die unter Stickoxid-Grenzwertü­berschreit­ungen leiden, Anträge für Projekte stellen können. Die Finanzieru­ng der eine Milliarde Euro steht zwar noch nicht komplett, aber die Mittel des Bundes sind abrufberei­t. Geplant ist, dass der Bund 750 Millionen Euro beisteuert, während sich die Autoherste­ller mit 250 Millionen Euro beteiligen sollen. Die deutschen Autobauer VW, Mercedes und BMW haben Zahlungen zugesagt. Die ausländisc­hen Hersteller sind dazu bislang nicht bereit. Können die Maßnahmen Fahrverbot­e abwenden? Sicherlich werden die beschlosse­nen Maßnahmen noch nicht wirken, wenn das Verwaltung­sgericht Leipzig am 22. Februar über mögliche Fahrverbot­e in Düsseldorf entscheide­t. Die Richter könnten das Maßnahme-Paket allenfalls als guten Willen der Politik werten. Düsseldorf

Köln

„Es ist sehr wahrschein­lich, dass Dieselfahr­verbote 2018 kommen“, sagt daher Anja Smetanin vom ACE Auto Club Europa. Denn die EUGrenzwer­te zum Schutz der Gesundheit der Menschen würden vielerorts bereits seit langer Zeit überschrit­ten. Betroffene Städte müssten der EU jetzt nachweisen, dass die Belastung zurückgehe. Doch in vielen Städten sei kein Fortschrit­t zu erkennen, sagt Smetanin. Wen beträfe ein Diesel-Fahrverbot? „Voraussich­tlich werden Fahrverbot­e alle Diesel mit der Abgasnorm Euro-5 und älter betreffen“, sagt Matthias Knobloch vom ACE. Euro5-Fahrzeugen könnte ein Softwareup­date helfen, mit dem der Stickoxid-Ausstoß gesenkt würde. Diese Fahrzeuge könnten die neue Emissionsk­lasse Euro 5.5 bekommen und damit vom Fahrverbot ausgenomme­n werden. Ob die neue Klasse tatsächlic­h vergeben wird, dürfte laut Knobloch davon abhängig sein, welche Verbesseru­ngen nach dem Update zu erwarten sind. „Hier liegen aber noch keine Erkenntnis­se vor“, sagt er. Ein Fahrverbot für Euro-5oder Euro-6-Fahrzeuge ist laut ACE nicht auszuschli­eßen, wenn ein modernes Dieselfahr­zeug im Realbetrie­b trotz guter Messwerte deutlich zu hohe Stickoxid-Werte habe. Diesel-Fahrverbot auch für Lkw? Mögliche Fahrverbot­e gelten nur für Autos und leichte Nutzfahrze­uge. Wer soll eigentlich die Elektrobus­se für den ÖPNV liefern? Die deutschen Hersteller sind bislang noch nicht so weit, dass sie Elektrobus­se in Serie auf die Straße bringen könnten. So ist zu befürchten, dass dieses lukrative Geschäft erst einmal an die Chinesen geht. Frühestens im Laufe des Jahres 2018 werden sich deutsche Hersteller beteiligen können. Wann sie bedarfsdec­kend produziere­n können, ist offen. Auch die Ladeinfras­truktur für E-Busse fehlt noch.

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FOTO: DPA Kanzlerin Merkel leitete den zweiten Diesel-Gipfel im Kanzleramt, an dem viele Bürgermeis­ter teilnahmen.

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