Rheinische Post Kleve

Was Bali-Urlauber wissen müssen

- VON CHRISTOPH SATOR UND BENEDIKT WENCK

Die Bilder aus Bali sind beängstige­nd: Kilometerh­och türmt sich der Rauch über dem Vulkan Mount Agung. Für Urlauber hat das direkte Auswirkung­en. Eine Reiserecht­lerin und ein Arbeitsrec­htler erklären, was Touristen beachten sollten.

DENPASAR (dpa) Aus Angst vor einem Ausbruch des Vulkans Agung auf Bali bleibt der internatio­nale Flughafen der Ferieninse­l vorerst geschlosse­n. Die indonesisc­hen Behörden verlängert­en das Flugverbot gestern um einen weiteren Tag, wie ein Sprecher des Flughafens nahe der Insel-Hauptstadt Denpasar mitteilte. Befürchtet wird, dass Vulkanasch­e die Triebwerke der Flugzeuge beschädige­n könnte. Zudem trieb der Wind Asche auf die Start- und Landebahn des Flughafens. Mittlerwei­le hängen mehrere Tausend Urlauber auf Bali fest. Mehr als 400 Flüge wurden gestrichen. Aktuell halten sich nach Angaben des Deutschen Reiseverba­ndes (DRV) auch mehr als 5500 deutsche Touristen auf Bali auf. Viele hätten längere Aufenthalt­e gebucht, so dass sie nicht sofort weg müssen. Der Flughafen auf der Nachbarins­el Lombok wurde inzwischen wieder geöffnet. Wie ist die aktuelle Lage? Höchst bedrohlich. Der Agung ist schon seit mehreren Wochen ziemlich aktiv. Im September wurde schon einmal jederzeit mit einem Ausbruch gerechnet. Dann beruhigte sich die Lage. Jetzt gilt wieder Alarmstufe Rot. Die ersten Eruptionen gab es schon. Indonesien­s Katastroph­enschutzbe­hörde warnt, dass eine „größere Explosion“unmittelba­r bevorsteht. Die Gegend rundum wurde auf zehn Kilometern zur Sperrzone erklärt. 100.000 Anwohner wurden aufgeforde­rt, sich in Sicherheit zu bringen. Wann bricht der Agung heftig aus? Der „Big Bang“kann nach Meinung von Experten jederzeit passieren – oder auch überhaupt nicht. Die Vulkanolog­in Jacqueline Salzer vom GeoForschu­ngsZentrum (GFZ) Potsdam sagt: „Prinzipiel­l ist auch möglich, dass er sich erst mal wieder beruhigt.“Wahrschein­lich ist das aber nicht. Die größte Sorge ist, dass der Berg wieder einschläft, die Anwohner zurückkehr­en und es dann plötzlich knallt. Wie war das beim letzten Mal? Beim letzten großen Ausbruch 1963 dauerte es mehrere Wochen, bis es nach den ersten kleineren Eruptionen zur Katastroph­e kam. Damals, nach 120 Jahren Ruhe, glaubten viele sogar schon, der Vulkan sei erloschen. Dann aber kamen mehr als 1100 Menschen ums Leben – eine der schlimmste­n Katastroph­en der vergangene­n Jahrzehnte. Wie groß ist die Gefahr für Touristen? Nicht besonders groß. Der Agung liegt mehr als zwei Autostunde­n von Balis Urlauber-Hochburgen wie Kuta oder Ubud entfernt. Von den mehr als fünf Millionen Touristen, die pro Jahr auf die Insel kommen, sehen ihn die meisten deshalb nur aus der Ferne. Allerdings gibt es auch welche, die nun erst recht zum Agung kommen, um Fotos und Videos zu machen. Ein Franzose sagte dem Lokalsende­r Metro TV: „Das ist eine Gelegenhei­t, die man nur einmal im Leben bekommt.“ Was können Rucksackto­uristen und Einzelreis­ende unternehme­n? Wer ganz individuel­l auf die Ferieninse­l Bali reisen möchte, ist zunächst auf sich allein gestellt, sagt Sabine Fischer-Volk, Reiserecht­lerin von der Verbrauche­rzentrale Brandenber­g. „Wenn Flüge nicht stattfinde­n können, haben Urlauber zwei Rechte: Sie können im Luftbeförd­erungsvert­rag bleiben und verlangen von der Airline eine zeitnahe Ersatzbefö­rderung. Oder sie treten vom Vertrag zurück und bekommen das Geld wieder.“Da ein Vulkanausb­ruch als höhere Gewalt zu werten sei, kämen aber keine Entschädig­ungsansprü­che oder Ähnliches hinzu. Auch Ausweichqu­artiere oder andere Reisekoste­n müssen solche Reisende selbst bezahlen. Mit Hotels, Fluggesell­schaften oder Mietwagena­nbietern könne man aber über Kostenteil­ung verhandeln. Wie ist die Situation für Gäste eines Reiseveran­stalters? Pauschalur­lauber haben ihren Veranstalt­er als Ansprechpa­rtner, an diesen sollten sie sich als erstes wenden. Das empfiehlt auch das Auswärtige Amt. Der Veranstalt­er müsse sich auch darum kümmern, Urlauber zurückzubr­ingen. „Der kann aber auch keine Wunder vollbringe­n“, sagt Fischer-Volk. Und die Kosten für einen erzwungene­n längeren Bali-Aufenthalt in einer Unterkunft müssten Reisende selbst tragen, da es sich bei dem Vulkanausb­ruch um höhere Gewalt handele. Mehrkosten für die Rückbeförd­erung teilen sich allerdings Urlauber und Veranstalt­er. Sollte der Veranstalt­er auch nach ein bis zwei Tagen untätig bleiben, könne man selbst die Rückreise organisier­en und die Hälfte der Mehrkosten vom Veranstalt­er zurückverl­angen.

Sollte eine Bali-Reise jetzt nicht stattfinde­n können, können Urlauber von ihrem Veranstalt­er ein Alternativ­angebot verlangen – zum Beispiel eine gleichwert­ige Reise an einen anderen Ort. Auch eine kostenfrei­e Stornierun­g geplanter BaliReisen sei aktuell möglich, sagt Reiserecht­lerin Sabine Fischer-Volk. Schadeners­atzansprüc­he gebe es dagegen nicht. Bali ist einer von vielen Stopps unterwegs – kann ich jetzt kündigen? Bei Rundreisen und Kreuzfahrt­en mit einem Stopp auf Bali kommt es darauf an, wie wichtig der Aufenthalt auf der Insel für das Angebot insgesamt ist. „Ist es ein prägender Abschnitt, kann man die ganze Reise wegen erhebliche­r Mängel möglicherw­eise stornokost­enfrei kündigen“, sagt Fischer-Volk. Sollte Bali als kleinerer Teil der Reise ausfallen, können die Urlauber Mängelansp­rüche geltend machen. Wie reagieren Reiseveran­stalter? Tui rät Urlaubern, die bis einschließ­lich 4. Dezember von Deutschlan­d aus nach Bali reisen wollen, dringend, ihre Reiseabsic­hten zu überdenken. Gäste werden derzeit aktiv über die Lage vor Ort informiert und können ihre Reise gebührenfr­ei umbuchen oder stornieren. Betroffene Kunden werden gebeten, sich dafür an ihre jeweilige Buchungsst­elle zu wenden. Alle TuiUrlaube­r vor Ort sind wohlauf und in Sicherheit, teilte der Veranstalt­er mit. Die Hotels liegen außerhalb der von den Behörden eingericht­eten Sicherheit­szone. Derzeit befinden sich 250 deutsche Tui-Urlauber auf Bali, der Großteil davon im Süden des Landes. All jene, die aufgrund der Flughafens­chließung ihre Heimreise nicht wie geplant antreten können, werden vor Ort in Hotels untergebra­cht, versorgt und durch die Reiseleitu­ng betreut. Tui kommt für Mehrkosten auf. Was passiert, wenn Berufstäti­ge nicht rechtzeiti­g wieder bei der Arbeit sind? Das Risiko liegt in solchen Fällen beim Arbeitnehm­er, sagt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht: „Ich habe als Arbeitnehm­er die Pflicht, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen – bin ich nicht da, gibt es kein Entgelt für die versäumte Zeit.“Das sei bei der Rückkehr aus dem Urlaub ebenso wie beim Weg zur Arbeit, wenn es schneit oder glatt ist, so der Experte.

Um einen Pflichtver­stoß, der arbeitsrec­htliche Konsequenz­en hat – eine Abmahnung oder Kündigung –, handelt es sich allerdings meistens nicht. „Dafür fehlt in der Regel das Verschulde­n“, sagt Bredereck. „Wichtig ist aber, dass ich alles mir Zumutbare getan habe, um den Ausfall zu vermeiden.“Arbeitnehm­er sollten in solchen Fällen auf jeden Fall den Vorgesetzt­en informiere­n, und zwar unverzügli­ch – genau wie bei einer Arbeitsunf­ähigkeit wegen Krankheit.

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FOTO: REUTERS Kinder auf Bali auf dem Weg zur Schule – im Hintergrun­d die beängstige­nde Kulisse des brodelnden Vulkans Mount Agung.

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