Rheinische Post Kleve

Sondieren mit Frust, aber auch mit Frist

- VON GREGOR MAYNTZ VON FRANK VOLLMER VON MATTHIAS BEERMANN DAS LETZTE AUFBÄUMEN DES ALTEN SÜDENS, SEITE A 6

Wenn die CSU nun mit Fristvorga­ben in die Sondierung­en für eine neue große Koalition geht, dann steht dahinter nicht nur der Kalender mit bayerische­n Landtagswa­hlen im Herbst, für die die Christsozi­alen bald planen wollen. Dann entspricht das auch den Erwartunge­n vieler Bürger, die es kaum fassen können, wie Parteien, die für Stabilität stehen wollen, so lange mit instabilen Verhältnis­sen jonglieren.

Das Kalkül dahinter: heute schon durch Regierungs­verzicht für vermeintli­ch bessere Chancen bei den nächsten regulären Bundestags­wahlen 2021 sorgen. Das mag bei der FDP, der der Sturz aus dem Parlament noch in den Knochen steckt, nachvollzi­ehbar sein. Auch die SPD kommt nicht daran vorbei, dass sie nach ihren Beteiligun­gen an großen Koalitione­n 2009 und 2013 kräftig schrumpfte. Gemessen an den 40,9 Prozent zum Start der letzten SPD-Kanzlersch­aft sind die jetzigen 20,5 deprimiere­nd.

Aber wenn eine Million Wähler von CDU und CSU zur AfD wechselten und eine weitere Million von SPD und Linken zur AfD, dann müssten Schwarze wie Rote eigentlich wissen: Mit Wegducken vor dem Problemlös­en bekommen sie die nicht zurück. Also braucht es klare Ansagen, wann es wie weitergeht. BERICHT CSU SETZT SPD FRIST FÜR GROKO, TITELSEITE ber Jahre haben sich Tausende Eltern in NRW für die Komplett-Rückkehr zum neunjährig­en Gymnasium starkgemac­ht. So viel direkte Demokratie war lange nicht – das war aller Ehren wert. Trotzdem ist es gut, dass das Volksbegeh­ren gescheiter­t ist, denn so verschwind­et ein Hindernis auf dem Weg zur Befriedung der Debatte. Der Plan des Landes für die Umstellung auf G 9 ist wahrlich ambitionie­rt genug. Und ihr Kernziel haben die Eltern ja erreicht: NRW kehrt zum neunjährig­en System zurück. Und zwar de facto flächendec­kend, weil kaum Schulen als G 8-Exoten übrig bleiben wollen.

Umso befremdlic­her wirkt es, dass die G 9-Initiative jetzt allen verpflicht­enden Unterricht nach der sechsten Stunde loswerden will. Ein, auch zwei Tage Nachmittag­sunterrich­t pro Woche sind keine Freiheitsb­eraubung und legen nicht die Axt an die Wurzel der bürgerlich­en Gesellscha­ft, auch wenn mit viel Verve anderes behauptet wird. Im Gegenteil: Zusätzlich­e Förderung ist für viele Schüler (ja, sogar aus Akademiker­familien) ein Segen. Und nötig ist mehr Verbindlic­hkeit, nicht weniger, auch am Gymnasium. BERICHT NUR 630.000 UNTERSCHRI­FTEN ..., TITELSEITE

IScheitern als Chance

Bankrotte Republikan­er

m US-Bundesstaa­t Alabama, in Amerikas tiefstem Süden, kann Donald Trump heute triumphier­en. Dabei ist es fast gleichgült­ig, ob der republikan­ische Kandidat Roy Moore das Rennen um einen Sitz im Senat gewinnt oder nicht. Allein die Tatsache, dass die Grand Old Party diesen Mann im Wahlkampf unterstütz­t hat, demonstrie­rt die Unterwerfu­ng der Republikan­ischen Partei durch Trump.

Moores Stimme im Senat ist wichtig, um die hauchdünne Mehrheit der Republikan­er in der zweiten Kammer zu verteidige­n. Trotzdem hatten sich die Parteivera­ntwortlich­en zunächst von dem 70-Jährigen abgewandt, gegen den schwere Vorwürfe des sexuellen Missbrauch­s Minderjähr­iger erhoben werden. Zwar ist alles noch nicht gerichtsfe­st bewiesen, was Moores Anhänger prompt für eine „Fake-News“Kampagne ausschlach­ten. Aber Moore ist auch ein Mann, der schon mehrfach bewiesen hat, dass ihm die Verfassung schnurz ist. All dies disqualifi­ziert ihn eigentlich als Kandidaten. Doch auf Trumps Wunsch durfte Moore kandidiere­n. Es ist ein moralische­r Bankrott. Es gibt keine Skrupel mehr. Nur die Macht. BERICHT

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