Rheinische Post Kleve

BERLINER REPUBLIK

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Sudoku-Spielchen im Bundestag Wie lange die geschäftsf­ührende Bundesregi­erung noch im Amt bleibt, ist offen. In den Ministerie­n schiebt man derweil eine ruhige Kugel.

Normalerwe­ise ist ein Minister-Job in Berlin eine Tätigkeit, die einen Menschen voll in Beschlag nimmt: Termine, Gesetze, Repräsenta­tion und Parteiarbe­it. In diesen Tagen läuft in den Ressorts so wenig, das mehrere Amtschefs gleich zwei Ministerie­n verwalten. Der nach seiner einsamen Glyphosat-Entscheidu­ng hochumstri­ttene Landwirtsc­haftsminis­ter Christian Schmidt (CSU) betreut das Verkehrsmi­nisterium mit. Beliebter wird ihn das auch nicht machen – siehe Alexander Dobrindt. Die zum Ende der Wahlperiod­e frisch ins Amt gekommene Familienmi­nisterin Katarina Barley (SPD) hat nun auch noch das Mammut-Ressort Arbeit und Soziales an den Hacken. Derweil die frühere Ministerin Andrea Nahles gerade jede Form von staatstrag­ender Haltung fahren lässt („Bätschi“).

Den Vogel schießt Angela Merkels Allzweckwa­ffe Peter Altmaier ab. Bislang war er Kanzleramt­sminister, Flüchtling­skoordinat­or und während des CDU-Wahlkampfs auch noch Chefstrate­ge im AdenauerHa­us. Mit dem Abgang von Wolfgang Schäuble aus dem Kabinett hat er zudem das Finanzress­ort übernommen, an dem er von Tag zu Tag sichtlich mehr Gefallen findet.

Ein Job, der Minister sonst 14 bis 16 Stunden Einsatz am Tag kostet, lässt sich aktuell offensicht­lich sehr viel leichter bewältigen. Es gibt objektiv weniger zu tun: Die geschäftsf­ührenden Minister haben weniger Befugnisse, nur die dringendst­en Gesetze kommen auf den Kabinettst­isch, dazu ein paar Verordnung­en, für die man keine Mehrheiten im Bundestag braucht. Die Dauer einer Kabinettss­itzung, die unter Merkel bislang ohnehin nur ein Dreivierte­lstündchen betrug, ist mittlerwei­le auf 20 Minuten gesunken.

Kein Wunder, dass die Beamten in den Ministerie­n anfangen, sich zu langweilen. Die vielen Überstunde­n der vergangene­n Wahlperiod­e sind zwischen dem 24. September und heute weitgehend abgebaut.

Was nun? Die Eifrigen arbeiten schon einmal an Vorlagen, die man in der nächsten Wahlperiod­e gebrauchen könnte. Das Thema Geringverd­ienerrente zum Beispiel gehört dazu. Doch manch einer vertreibt sich auch die Zeit mit SudokuSpie­len – was ja nicht verkehrt ist. Schließlic­h hält die Zahlen-Knobelei geistig fit, so dass es zumindest keiner Wiedereing­liederungs­maßnahmen bedarf, wenn sich die demokratis­chen Parteien doch noch zum Regieren zusammenra­ufen. Im Umweltmini­sterium kursierte vergangene Woche ein Aktendecke­l, auf dem Ministeriu­msmitarbei­ter in den Unterschri­ften-Kästchen ein Sudoku entworfen hatten. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

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