Rheinische Post Kleve

Auf Bitcoins kann man jetzt auch wetten

- VON MISCHA EHRHARDT

Trotz riesiger Kursschwan­kungen und Hackerangr­iffen etabliert sich die umstritten­e Digitalwäh­rung: Seit gestern werden Terminkont­rakte auf die Cyberwähru­ng gehandelt. Ökonomen und EZB warnen vor einer neuen Blase.

FRANKFURT Die Warnungen der Experten nehmen zu, dennoch setzt Bitcoin seinen Siegeszug fort. Nun können risikobere­ite Anleger das erste Mal Wetten auf die Cyberwähru­ng eingehen. So bietet die renommiert­e Chicagoer Börse CBOE seit gestern Terminkont­rakte oder Futures an. Konkurrent­en wie CME und die bekanntest­e Technologi­ebörse in den USA Nasdaq, wollen nachziehen. In den ersten Handelsstu­nden stieg der Kurs der CBOE-Wetten um satte 22 Prozent. Und Leerverkäu­fe, die manche mit der Einführung der Kurswetten befürchtet hatten, blieben aus. Mit Leerverkäu­fen kann man durch die Kontrakte auf fallende Kurse wetten, was den Kurs massiv unter Druck setzen kann. Was sind Bitcoins? Der Bitcoin ist die bekanntest­e von mehr als 1000 Digitalwäh­rungen. Ein gewisser Satoshi Nakamoto, dessen wahre Identität bis heute nicht eindeutig geklärt ist, soll ihn 2009 in Umlauf gebracht haben. Die Digitalwäh­rung wird nicht von zentralen Instanzen wie Notenbanke­n oder Regierunge­n kontrollie­rt und gewährt bei Überweisun­gen Anonymität. Bitcoins sind rein virtuell und werden auf Computern von Nutzern durch Rechenproz­esse erzeugt. Dieses „Mining“wird gemäß der Idee des Erfinders mit der Zeit immer komplizier­ter, so dass der Bitcoin knapp gehalten wird. Wie riskant sind Bitcoins? Ziemlich. Seit der Einführung hat der Wert der Cyberwähru­ng deutlich zugelegt: Er stand zum Jahresbegi­nn noch bei 1000 Dollar und hat sich seither auf über 17.000 Dollar vervielfac­ht, allerdings geht es rauf und runter. Um mehrere tausend Dollar sind Bitcoins allein in den vergangene­n Tagen nach oben geschossen oder nach unten gerauscht. An einer Bit- coin-Börse in Shanghai kletterte die digitale Währung Ende der Woche auf bis zu 20.000 US-Dollar. Offenbar haben Anleger noch versucht, auf den Zug aufzusprin­gen. Was sagen Befürworte­r? „Im Moment ist der Markt noch auf Entdeckung­sreise“, sagt Hendrik Leber, Fondsmanag­er bei der Vermögensb­eratung Acatis. „Es gibt Freaks, die Bitcoins einsetzen, es gibt Kriminelle und Wirtschaft­sflüchtlin­ge. Die Szene ist unausgegor­en – deswegen auch die starken Kursschwan­kungen. Wenn das Ganze in eine Reifephase kommt, dann wird das auch wesentlich stabiler sein“. Leber beobachtet den Bitcoin seit langem. Was bewirken Terminkont­rakte? Bei Rohstoffen und Währungen helfen Terminkont­rakte mitunter, Preise zu vereinheit­lichen. Diese Wirkung erhofft sich so mancher von den neuen Papieren auch für die CyberWähru­ng. Denn nicht nur schwankt der Bitcoin-Kurs von Stunde zu Stunde heftig, sondern auch zum gleichen Zeitpunkt an verschiede­nen Handelsplä­tzen der Welt. David Kohl, Chefvolksw­irt des Bankhausse Julius Bär, ist aber skeptisch, ob die Termingesc­häfte auch dem BitcoinKur­s Zügel anzulegen vermögen. „Terminkont­rakt ist eigentlich fast die Adelung eines Vermögensw­ertes. Ob diese Kontrakte aber helfen, einheitlic­here Preise für Bitcoins zu finden, das steht auf einem ganz anderen Blatt.“ Was sagen Kritiker? Der Chef der US-Bank JP Morgan, Jamie Dimon, hat unlängst den Bitcoin als „Betrug“bezeichnet. Der Nobelpreis­träger und Ökonom Robert Shiller warnt vor dem Platzen der BitcoinBla­se. Der EZB-Vizepräsid­ent Víto Constanciô findet, Bitcoins seien „Tulpen“– eine Anspielung auf die Tulpenblas­e, die im 17. Jahrhunder­t in den Niederland­en platzte und als erste Börsenblas­e der Geschichte gilt. Der Nobelpreis­träger Joseph Stiglitz fordert ein Bitcoin-Verbot. Die Europäisch­e Zentralban­k denkt bereits über Regulierun­gen nach. Bitcoin sei keine Währung sondern ein spekulativ­es Produkt, sagt Ewald Nowotny, Chef der österreich­ischen Nationalba­nk und Mitglied im EZB-Rat. Zusammen mit der EU-Kommission müsse man über die Themen Geldwäsche und Seriosität sprechen.

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