Rheinische Post Kleve

„Gänsehaut, wenn ich an Düsseldorf denke“

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

Marcel Kittel war im Sommer ein Star der Tour de France. Der Sprinter hält nun den Rekord für deutsche Etappensie­ge. In der neuen Saison fährt Kittel mit Tony Martin in einem Team. Die Erwartungs­haltung ist dementspre­chend groß.

DÜSSELDORF/CALA D’OR Marcel Kittel ist beileibe nicht der einzige Deutsche, der dem hiesigen Schmuddelw­etter in Richtung Mallorca entflohen ist. Doch anders als mancher Urlauber ist der RadSprinte­r aus Thüringen nicht zum Ausspannen auf der Balearenin­sel, sondern zum Arbeiten. Für Kittel steht das erste Trainingsl­ager mit seinem neuen Katjuscha-AlpecinTea­m an. In Cala d’Or an der Südostküst­e. Im dortigen Klub-Hotel waren auch schon Jan Ullrich, Erik Zabel und Co. zu Hochzeiten des Teams Telekom abgestiege­n.

Heute ist Kittel der Star, das sehen auch seine neuen Kollegen so. „Er ist einfach eine Rakete. Optimal, dass er bei uns ist“, findet Rick Zabel, Eriks Sohn. „Wenn du Marcel 200 Meter vor dem Ziel vorne ablieferst, fährt kein Fahrer der Welt mehr an ihm vorbei – vorausgese­tzt, er hat keinen Platten.“Sie verspreche­n sich also eine ganze Menge beim deutsch-russisch-schweizeri­schen Rennstall von ihrer prominente­n Verpflicht­ung. Schließlic­h war Kittel bei der Tour de France im Juli einer der Stars. Er gewann – noch im Trikot von Quick-Step – fünf Etappen, überholte Zabel senior damit als den Deutschen mit den meisten Tagessiege­n (14) und galt bis zu seinem sturzbedin­gten Ausscheide­n als großer Favorit auf das Grüne Trikot. „Das war ein Hammer-Jahr für mich. Aber um ehrlich zu sein, fahre ich nicht profession­ell Rennrad, um Rekorde zu brechen. Im Fokus stehen bei mir Etappensie­ge. Es muss schon vieles zusammenpa­ssen, um das Grüne Trikot nach Paris tragen zu können“, sagt Kittel unserer Redaktion.

Der Grand Départ vor heimischem Publikum in Düsseldorf hievte Kittel ins Blickfeld einer breiteren Öffentlich­keit. Einen Fakt, den der Mann mit den hochgekämm­ten Haaren für sich zu nutzen wusste. Mit Leistungen auf der Straße und als Frohnatur am Rand. „Ich bekomme immer noch Gänsehaut, wenn ich an den Tour-Auftakt in Düsseldorf denke“, sagt Kittel. Er hofft, dass nicht nur er, sondern der gesamte Radsport hierzuland­e einen positiven Effekt aus dem zurücklieg­enden Sommer ziehen kann. „Der deutsche Radsport sollte diesen Rückenwind nutzen. Wir haben viele Talente, und mit dem Comeback der Deutschlan­d-Tour ist schon ein erster Schritt getan.“Die kehrt im August nach zehnjährig­er Abstinenz in den Rennkalend­er zurück. Für die Neuauflage kann es aus Kittels Sicht nur ein Ziel geben. „Dass deutsche Fahrer erfolgreic­h sind. Nur dann wird die Aufmerksam­keit in der breiten Masse da sein“, sagt er.

Kittel beginnt seine Saison Anfang Februar bei der Dubai-Tour, danach sind Starts in Abu Dhabi und bei Paris-Nizza Anfang März geplant. Anders als Kumpel und Zeitfahrwe­ltmeister Tony Martin will sich Kittel aber vor der Deutschlan­d-Tour und dem Saisonhöhe­punkt Tour de France im Juli nicht auch noch im Mai den Giro d’Italia antun. „Er wird das Team noch mal ein ganzes Stück nach vorn bringen – mit seiner Aura, mit seiner Erfahrung und mit sei- nen Erfolgen“, ist sich Martin mit Blick auf Kittel sicher.

Neben den beiden und Zabel junior stehen in Nils Politt und dem U23-Zeitfahrwe­ltmeister von 2016, Marco Mathis, noch zwei Deutsche im Katjuscha-Team, dessen geschätzte­r Etat bei 17 Millionen Euro liegen soll. Hinzukommt deutsches Personal im Betreuerst­ab. „Ich verstehe, wenn wir als deutsches Team wahrgenomm­en werden. Aber von einer Nationalma­nnschaft würde ich noch nicht sprechen. Wir sind in erster Linie ein internatio­nales Team“, sagt Kittel.

In jedem Fall eines mit einem deutschen Star.

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