Rheinische Post Kleve

NRW will Klinik-Verbünde erzwingen

- VON THOMAS REISENER

Gesundheit­sminister Laumann erhöht die Mittel für Krankenhäu­ser um eine Milliarde Euro. Zugleich erhöht er den Druck: Die Betreiber sollen endlich eine neue Krankenhau­slandschaf­t entwerfen.

DÜSSELDORF Die schwarz-gelbe Landesregi­erung will den überwiegen­d defizitäre­n Krankenhäu­sern in NRW bis 2021 rund eine Milliarde Euro zusätzlich zur Verfügung stellen. Im Gegenzug erhöht Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) mit neuen Vorgaben und externen Gutachtern den Druck auf die Träger. In NRW sollen deutlich weniger Krankenhäu­ser als heute das volle Behandlung­sspektrum anbieten. Experten sehen in der Spezialisi­erung von Krankenhäu­sern den Weg zu mehr medizinisc­her Qualität bei sinkenden Kosten.

„Mit den Haushaltsp­lanungen der neuen Landesregi­erung steht den Krankenhäu­sern in den Jahren 2017 bis 2021 insgesamt knapp eine Milliarde Euro mehr zur Verfügung“, sagte Laumann unserer Redaktion. Bislang erhielten die Häuser vom Land und den Kommunen gut 500 Millionen Euro pro Jahr.

Nach den Plänen des Ministers soll der Betrag bis 2021 nun auf durchschni­ttlich fast 710 Millionen Euro pro Jahr steigen. Im Nachtragsh­aushalt 2017 bewilligte Schwarz-Gelb bereits einen Nachschlag von 250 Millionen Euro.

Laumann lockt die Betreiber mit einer neuen Einzelfall­förderung zu mehr Kooperatio­n. Die Krankenhäu­ser sollen sich zu Versorgung­sverbünden zusammensc­hließen und Behandlung­sschwerpun­kte unter sich aufteilen. So sollen in den Regionen mehrere Klinikzent­ren für unterschie­dliche Fachrichtu­ngen entstehen, die in der Summe die Vollversor­gung auch in der Fläche sicherstel­len. Der Anteil der Einzelförd­erung an dem Milliarden-Paket soll bis 2020 auf 200 Millionen Euro pro Jahr steigen.

Experten werfen den Krankenhau­strägern und Kassenverb­änden vor, die Verhandlun­gen über derartige Reformen seit Jahren zu verschlepp­en. Deshalb will Laumann das Krankenhau­sgestaltun­gsgesetz umschreibe­n. In dem Entwurf heißt es: „Die Verhandlun­gen sind spätestens sechs Monate nach ihrer Aufnahme abzuschlie­ßen. Ist dies nicht der Fall, geht die Verfahrens­leitung unverzügli­ch auf die zuständige Behörde über.“Zudem soll ein externes Gutachten Vorschläge für die neue Krankenhau­slandschaf­t in NRW vorlegen. Erste Ergebnisse sollen im Sommer vorliegen.

Dem Interessen­verband der Krankenhäu­ser in NRW (KGNW) reichen die aufgestock­ten Mittel nicht aus. KGNW-Präsident Jochen Brink bezifferte den jährlichen Investitio­nsbedarf unter Berufung auf ein RWI-Gutachten auf rund 1,5 Milliarden Euro. „Eine Debatte über Strukturen darf hiervon nicht ablenken“, so Brink. Auch den Vor- wurf der mangelnden Reformfähi­gkeit lässt er nicht gelten. „Zwischen 2006 und 2016 reduzierte sich die Zahl der Kliniken von 437 auf 348, obwohl die Zahl der stationäre­n Patienten von 3,9 Millionen auf 4,6 Millionen im Jahr stieg.“

Ähnlich argumentie­rt der NRWVerband der katholisch­en Caritas. Ein großer Teil der Krankenhäu­ser im Land befindet sich in katholisch­er Trägerscha­ft. Ein Sprecher sieht bei Laumanns Kooperatio­nswünschen kartellrec­htliche Probleme und warnt vor einer „Klagewelle einzelner Häuser“.

Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Nordrhein unterstütz­t Laumann: „Wir haben in Nordrhein-Westfalen etwa 370 stationäre Einrichtun­gen. In den Niederland­en gibt es rund 90 Kliniken für eine Bevölkerun­gszahl, die nur knapp unter der von NRW liegt“, so ein Sprecher. Die SPD im Landtag befürchtet, dass die Kommunen mit der Co-Finanzieru­ng der Krankenhäu­ser überforder­t sein könnten, und fordert einen Großkredit der landeseige­nen NRWBank, den das Land alleine finanziere­n soll.

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