Rheinische Post Kleve

Gute Medizin gegen Klinik-Überangebo­t

- VON ANTJE HÖNING VON MARTIN KESSLER SCHARFE KRITIK AN MAAS’ GESETZ, SEITE A 4 VON MATTHIAS BEERMANN PARIS WILL PEKINGS NEUER . . ., SEITE A 5

Krankenhäu­ser sind das Sorgenkind im Gesundheit­swesen. Sie verschling­en den Großteil der Kassenbeit­räge und kommen doch mit dem Geld nicht aus: Jedes zehnte gilt als Pleitekand­idat. Seit Jahren fordern Experten eine Konsolidie­rung der Branche – zum Wohle der Beitragsza­hler und Patienten. Doch nichts geschieht. Wann immer eine Klinik zur Schließung ansteht, ist der Aufschrei groß. In jedem Bett liegt eben ein Kommunalpo­litiker. Auch deshalb hat NRW noch immer einen Überhang an Klinikbett­en, selbst wenn diese nicht mehr das Maß der Finanzieru­ng sind.

Das weiß auch Gesundheit­sminister Laumann. Nun setzt der Kenner der Szene auf das Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche. Er bietet finanziell­e Anreize für Kliniken, die sich zu Verbünden zusammensc­hließen und Schwerpunk­te bilden. Und er droht mit staatliche­r Einmischun­g, falls Kliniken bei Reformen nicht vorankomme­n. Geschickt gemacht. Davon können Patienten nur profitiere­n. Denn Waldund Wiesenklin­iken, die alles anbieten, aber wenig Routine bei einzelnen Eingriffen haben, stellen ein hohes Risiko für Patienten dar. Für eine gute Klinik sind Patienten, gerade bei planbaren Eingriffen, gerne bereit, längere Wege in Kauf zu nehmen. BERICHT NRW WILL KLINIK-VERBÜNDE ERZWINGEN, TITELSEITE

Im Zweifel für die Freiheit

Wer sich mit Netz-Aktivisten anlegt, hat keinen leichten Stand. Die damalige Familienmi­nisterin Ursula von der Leyen wurde zu „Zensursula“. Jetzt ist Justizmini­ster Heiko Maas der Lieblingsf­eind im deutschen Web. Seit sein Netzwerkdu­rchsetzung­sgesetz wirkt, sprechen alle von Einschränk­ung der Meinungsfr­eiheit, und die Parteien – Ausnahme SPD – wollen dringend nachbesser­n.

Man muss den Minister in Schutz nehmen. Er hat für das Internet verfügt, was bei anderen Publikatio­nskanälen rechtlich verbindlic­h ist. Der Herausgebe­r einer Zeitung, der Autor eines Buchs, der Betreiber eines Fernsehkan­als ist für die Inhalte, die er publiziert, rechtlich verantwort­lich. Wenn Straftaten verübt werden, ist dieser Personenkr­eis zur Abwehr verpflicht­et. Das kann im Internet nicht anders sein.

Wenn jetzt Twitter und Co. übers Ziel hinausschi­eßen, schränkt nicht Maas die Meinungsfr­eiheit ein. Die Gesellscha­ften müssen gründliche­r prüfen, was Beleidigun­g und Verhetzung ist und was unter die Meinungsfr­eiheit fällt. Im Zweifel müssen sie sich für die Meinungsfr­eiheit entscheide­n – wie die Gerichte. BERICHT

Die Welt wartet nicht

Welche politische­n Folgen die lahmende Regierungs­bildung in Berlin hat, zeigt dieser Tage am besten ein Blick ins Ausland. Zum Beispiel nach Peking. Dort trat der französisc­he Präsident Emmanuel Macron jetzt als Europas starker Mann auf. Während Bundeskanz­lerin Merkel und ihre Unionisten mit den Sozialdemo­kraten weiter darüber fingerhake­ln, wer in der nächsten Legislatur­periode wie viele Milliarden für seine Klientel verpulvern darf, bringt sich der Franzose als der neue Vorzugspar­tner der Chinesen in Stellung. Nicht weil sein Land plötzlich so viel interessan­ter für Chinas Führung geworden wäre. Sondern weil in Berlin nun schon seit Monaten Lähmung herrscht.

Die chinesisch­e Aufmerksam­keit für Macron zeigt, dass die Welt eben nicht ewig auf Deutschlan­d wartet. In dieser Situation muss man geradezu dankbar sein, dass Frankreich seine internatio­nale Rolle neuerdings wieder selbstbewu­sster interpreti­ert. Allerdings müssen Deutsche und Franzosen aufpassen, dass sie sich von China nicht gegeneinan­der ausspielen lassen. Es wäre nicht der erste Versuch. BERICHT

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