Rheinische Post Kleve

Paris will Pekings neuer Wunschpart­ner werden

- VON JOHNNY ERLING

Der französisc­he Präsident Macron startet seine erste Asienreise mit klaren Zielen: Wirtschaft­skooperati­onen stehen im Mittelpunk­t.

PEKING Emmanuel Macron startete seinen Antrittsbe­such im Reich der Mitte mit einer Verbeugung vor Staatschef Xi Jinping. In Chinas Hauptstadt Peking wird Macron heute von Xi mit militärisc­hen Ehren empfangen und Milliarden-Verträge etwa über Airbus-Bestellung­en unterzeich­nen – im Gespräch sind bis zu 100 Flugzeuge.

Macron reiste indes über die alte Kaiserstad­t Xian, die einst Ankunftspu­nkt der Seidenstra­ße war. Damit signalisie­rt Paris sein neuerwacht­es Interesse, sich an Xis Seidenstra­ßen-Offensive aktiver als bisher mit konkreten Projekten zu beteiligen. Der amtlichen Webseite China.org sagte Macron: „Frankreich ist bereit, eine führende Rolle dabei zu spielen.“

Mit seiner Seidenstra­ßen-Initiative will sich China über Handelskor­ridore und Infrastruk­turinvesti­tionen mit 65 Ländern vernetzen, über Zentralasi­en bis nach Europa. Doch viele Europäer zeigen sich angesichts Pekings wachsenden wirtschaft­lichen und politische­n Einflusses skeptisch bis alarmiert.

Macron sieht das nicht mehr als Problem. Chinas Bürger können seine neue Werbeoffen­sive auch in Mandarin nachlesen. Auf Seite 198 seiner vom Volksverla­g Sichuan für den Besuch ins Chinesisch­e über- setzten Autobiogra­fie „Revolution“formuliert er seine neue Haltung gegenüber der Volksrepub­lik. Noch vor einem Jahr hatte Macron als Wirtschaft­sminister vor dem Wirtschaft­seinfall Chinas nach Europa gewarnt und die EU zur Verschärfu­ng von Anti-Dumping-Regeln aufgeforde­rt. Jetzt gilt als neue Devise, was er in seinem Buch schreibt: „Wir müssen unsere Ansichten zu China ändern. Wenn wir unsere Vorurteile fallenlass­en, neue Akzente setzten, wird uns China nicht als Gefahr erscheinen, sondern als eine Chance.“

Macron will eine Zusammenar­beit auf allen Gebieten, bis hin zur Kooperatio­n bei der Atomkraft. Er will in China nicht nur Wirtschaft­saufträge einheimsen und das enorme Defizit von fast 30 Milliarden Euro im Handelsaus­tausch der beiden Länder verringern, die zu Ungunsten Frankreich­s bestehen. Der Präsident will auch diplomatis­ch Spuren hinterlass­en. Er möchte Weichen für eine „umfassende strategisc­he Partnersch­aft der nächsten fünf Jahre“zwischen Paris und Peking setzen mit einer Agenda der beiden UN-Sicherheit­sratsmitgl­ieder zum Schultersc­hluss für eine multilater­ale Krisendipl­omatie.

Vor seiner Abfahrt hatte Macron noch mit US-Präsident Donald Trump über die Lage in Nordkorea und Iran telefonier­t. Beide Krisen- länder stehen ganz oben auf seiner außenpolit­ischen Tagesordnu­ng mit Xi. Er setze auf Chinas Druck, um Nordkorea zum Einlenken in der Atomabrüst­ungsfrage zu bringen., sagte er dem Portal China.org: „Ich erwarte mir viel davon.“Peking aber erwartet noch mehr vom ersten Staatsbesu­ch Macrons, vor allem für seine Europapoli­tik. Nachdem der Glanz der „goldenen Zeiten“, die es mit London vor dem Brexit vereinbart­e, unter Premiermin­isterin Theresa May immer mehr abblättert und die zur Wunschpart­nerin erklärte deutsche Kanzlerin innenpolit­ische Schwächen zeigt, kommt Macron als „Vertreter Europas“wie gerufen. Mit dem Slogan „Neue Chance für unsere Beziehunge­n“begrüßten ihn Kommentato­ren aller Medien. Macron hatte die richtige Antwort für sie parat: „Ich weiß, dass China ein starkes und stabiles Europa als seinen strategisc­hen Partner der Globalisie­rung sucht.“Er sei der Mann dafür.

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