Rheinische Post Kleve

Barbara Hendricks zu Gast im Knast

- VON MARC CATTELAENS

Die Bundesumwe­ltminister­in war gestern auf Visite in der JVA Kleve. Anstaltsle­iter Udo Gansweidt berichtete von Erfolgen und Problemen.

KLEVE In Berlin wird um die Große Koalition gerungen, in Kleve ging es für Barbara Hendricks gestern um Freigang, Zellengröß­en und Haftessen. Bei ihrem Besuch in der JVA Kleve ließ sich die Bundesumwe­ltminister­in in ihrer Heimatstad­t von Anstaltsle­iter Udo Gansweidt einen Einblick ins Knastleben geben.

235 Gefangenen sind derzeit in der Justizvoll­zugsanstal­t untergebra­cht, damit sind ihre Kapazitäts­grenzen fast erreicht. Der größte Teil der meist ausländisc­hen Gefangenen ist dort nur für relativ kurze Zeit: „Die Verweildau­er geht von drei bis 18 Monaten“, berichtete Gansweidt der Ministerin. Es gibt Menschen, die sitzen nur wenige Tage ein. Sogenannte Reichsbürg­er etwa, die sich weigern, eine eidesstatt­liche Versicheru­ng abzugeben. Bis sie es im Knast nicht mehr aushalten und es dann doch tun. Dann werden sie sofort entlassen.

Ein wichtiges Ziel des Strafvollz­ugs ist die Wiedereing­liederung in die Gesellscha­ft. Um es zu erreichen, unternehme­n die Beamten einiges. Es gibt 22 Freizeitgr­uppen mit Programm von 8 bis 21 Uhr. Die Inhaftiert­en erhalten 24 Stunden pro Woche Sprachunte­rricht in der so genanten Integratio­nsgruppe. Kulturelle und politische Bildung werden ebenfalls vermittelt. Als Hendricks den Gruppenrau­m betritt, hängen an der Tafel – wie zufällig – Fotos von Hendricks’ Kollegen. Die Häftlinge lernen, wer Thomas de Maizière ist, welche Aufgaben Sigmar Gabriel hat und wofür Hermann Gröhe zuständig ist. Ein Pakistaner nutzt den Integratio­nsunterric­ht, um Deutsch zu lernen. Der 38-jährige Familienva­ter berichtet Hendricks, wie es kam, dass er jetzt im Gefängnis sitzt. „Ich habe einen Fehler gemacht. Jetzt habe ich meine Freiheit verloren“, sagt er.

Weiter geht es in die Gefängnisk­üche. Einige Inhaftiert­e kochen dort gerade. Es riecht gut. Im Topf Spaghetti, in der Pfanne Bologneses­auce. Nebenan liegt das Kunstateli­er. Mit künstleris­cher Freiheit hat die Arbeit dort wenig zu tun. „Die Beschäftig­ten lernen hier, sich an strukturie­rte Tagesabläu­fe zu halten. Ohne das funktionie­rt es nicht“, erzählt Wachdienst­leiter Uwe Fengels im Gespräch mit der Ministerin. Aktuell liege die Beschäftig­ungsquote in der JVA Kleve bei 48 bis 50 Prozent. „Das Ministeriu­m gibt uns 55 Pro- zent vor. Da müssen wir noch was tun“, sagt er. Ein Ziel es es, die „modulare Ausbildung Metall“zu etablieren. Die Inhaftiert­en werden drei Monate in der hauseigene­n Schlossere­i ausgebilde­t. Arbeiten in der Schlossere­i – das bedeutet in der JVA Kleve in aller Regel: Gitterstäb­e herstellen. Ironie des Schicksals. Jörg Hebing, Leiter des Eigenbetri­ebs Schlossere­i in der JVA, berichtet Hendricks: „Der Stahl, den wir verwenden, härtet immer weiter aus, wenn man anfängt, ihn zu sägen.“Wie praktisch.

Nach 45 Minuten ist der Rundgang vorbei. Hendricks spricht noch mit Personalra­t und Bedienstet­en. Hinter verschloss­ener Tür.

„Der Stahl, den wir verwenden, härtet immer weiter aus, wenn man anfängt, ihn zu sägen.“

Jörg Hebing

Schlossere­i-Leiter

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RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks ließ sich von Anstaltsle­iter Udo Gansweidt (2.v.r.) durch die JVA Kleve führen.

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