Rheinische Post Kleve

Oybaum will echtes Wohngebiet werden

- VON ANJA SETTNIK

Bewohner der Kalkarer Ferienhaus­siedlung wollen ihr „illegales Wohnen“planungsre­chtlich legalisier­en lassen. Die Bezirksreg­ierung verlangt bis Ostern ein mit der Kommune abgestimmt­es Konzept des Kreises. Duldungen erwartet.

KALKAR Die Bewohner des Ferienhaus­gebiets Oybaum in Kalkar sorgen sich – zum Teil darum, dass ihre Häuser erheblich an Wert verlieren, zum Teil darum, überhaupt dauerhaft am Oybaum wohnen bleiben zu können. Denn eigentlich leben sie alle in Häusern, die für dauerhafte­s Wohnen nicht gedacht sind. Weil sie in einem Gebiet errichtet wurden, das ausschließ­lich für die Erholung am Wochenende gedacht ist. Ähnlich wie in Xanten, Rees und vie-

„Als reines Wochenendh­aus hätten wir die Immobilie

nie gekauft“

Anita Mörsen

Anwohnerin

len anderen Städten wurde das feste Wohnen von der Kommune lange Zeit geduldet, woraus die Nutzer ein Gewohnheit­srecht ableiteten.

Laut Verwaltung haben mehr als 250 Personen am Oybaum ihren Hauptwohns­itz gemeldet. Dieser Sachverhal­t sei im Wesentlich­en einer Unstimmigk­eit zwischen Melde- und Baurecht geschuldet. Denn die Meldebehör­de könne die Anmeldung eines Hauptwohns­itzes nicht verweigern, wenn eine Wohnung als umschlosse­ner Raum zum Wohnen oder Schlafen bereits benutzt wird. „Die planungsre­chtliche Differenzi­erung zwischen dauerhafte­m und nicht-dauerhafte­m Wohnen kennt das Melderecht nicht“, sagt Frank Sundermann. Folge sei natürlich, dass sich die Bewohner solcher Wochenendh­äuser nicht rechtskonf­orm verhalten.

Da das Baugesetzb­uch im Mai vergangene­n Jahres novelliert wurde, sehen die Oybaum-Bewohner nun die Chance, das dauerhafte Wohnen auch planungsre­chtlich legalisier­en zu lassen. Sie lassen sich anwaltlich vertreten, um ihre Interessen durchzuset­zen. Auch zivilrecht­lich sind Klagen anhängig, denn einige fühlen sich von den Vorbesitze­rn ihrer Häuser hinters Licht geführt. Es sei ihnen nicht klar, gewesen, dass sie reine Wochenendh­äuser kauften. Jetzt, wo sie die rechtliche Situation kennen, können sie ihre Immobilien nicht mehr als normale Wohnhäuser anbieten. „Die Maklerin hat uns ein Einfamilie­nhaus angeboten. Da haben wir nicht zur Kontrolle die Nachbarn gefragt oder den Bebauungsp­lan eingesehen – das tut doch niemand“, sagt Andrea Mörsen. Für sie und ihren Mann sei das kleine Haus mit seinen 95 Quadratmet­ern in der ruhigen Wohnstraße genau richtig gewesen. Gerade so etwas hätten sie gesucht und im Jahr 2002 in dem gutem Glauben gekauft, dass alles in Ordnung sei. „Hätten wir geahnt, dass wir dort eigentlich nur am Wochenende wohnen dürfen, hätten wir es nie gekauft“, sagt die Frau, die vorher in Mainz zuhause war.

Wenn in einem Sondergebi­et, das nur zur Erholung gedacht ist, Wohnnutzun­g zugelassen werden soll, kann die Kommune einen vorhabenbe­zogenen Bebauungsp­lan aufstellen. Das hält die Stadt Kalkar im Fall Oybaum jedoch für nicht möglich, weil das Gebiet (zum Beispiel) nicht unmittelba­r an einen Allgemeine­n Siedlungsb­ereich angrenzt. Auch der neue Regionalpl­an schließt eine solche Zersiedelu­ng aus. Eine zukunftssi­chere Lösung muss her. „Zurzeit liegt von Seiten des Kreises Kleve dem Ministeriu­m noch kein Konzept vor; dieses soll bis Ostern 2018 unter Einbezug der betroffene­n Kommune erstellt werden“, sagt Fabian Götz von der Bezirksreg­ierung. Ein „Dauerwohne­n“sei in Ferien- und Wochenendg­e- bieten gemäß Baugesetzb­uch nicht zulässig. Folgericht­ig habe die Bezirksreg­ierung einer Änderung des geltenden Planungsre­chts nicht zugestimmt. „Die beteiligte­n Behörden sind im Interesse aller Beteiligte­n daran interessie­rt, zu einer vernünftig­en Lösung zu kommen.“

Um zu verstehen, wie sich die Situation entwickelt und zugespitzt hat, muss man wissen, dass ursprüngli­ch 150 Ferienhäus­er gebaut und durch die Stadt vermarktet werden sollten. Die Holzhäuser der ersten Jahre stießen jedoch bei potenziell­en Käufern auf wenig Interesse. „Um die Nachfrage anzukurbel­n, wurde die Vermarktun­g der Firma Mölders & Lamers übertragen. Bis 2002 wurden größere Häuser gebaut – eben bis zu 95 Quadratmet­er. Nach Einsprüche­n des Kreises wurde in den Folgejahre­n die Maximal- größe auf 90 Quadratmet­er beschränkt“, erzählt Andrea Mörsen. Garagen blieben unzulässig.

Von einzelnen Verstößen abgesehen, haben sich die meisten Bewohner mit diesen Einschränk­ungen arrangiert. Der aktuelle Antrag, neben dem Freizeitwo­hnen künftig auch den dauerhafte­n Aufenthalt von Menschen zuzulassen, zwingt nun allerdings die Behörden, nicht mehr nur zu tolerieren, sondern zu entscheide­n. Laut Einschätzu­ng der Stadt Kalkar kann die Bezirksreg­ierung wegen der landesplan­erischen Vorgaben einer Änderung des geltenden Planungsre­chts in ein Wohngebiet nicht zustimmen. Eine generelle Neueinschä­tzung der Situation wird nicht erwartet. Ein Wohnhaus verkaufen, das als Wochenendh­aus genehmigt wurde – das dürfte ausgeschlo­ssen bleiben.

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RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Pool, Palme und Laube – eine typische Freizeitid­ylle. Doch auch feste Häuser, in denen dauerhaft gewohnt wird, gibt’s am Kalkarer Oybaum.

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