KULTURTIPPS
Haydns „Schöpfung“in Düsseldorfs Tonhalle Piotr Anderszewski spielt Mozart-Konzerte Die große Analyse eines Massenmords
Klassik Seit Jahren ist Joseph Haydns wundervolles Oratorium „Die Schöpfung“nicht mehr in der Düsseldorfer Tonhalle erklungen, nun können sich die Besucher wieder auf eine Aufführung dieses naivfrommen Meisterwerks freuen. Am Dienstag, 6. Februar, ab 20 Uhr, bringen Balthasar-Neumann-Chor und -Ensemble aus Freiburg das Werk in den Mendelssohn-Saal der Tonhalle. 1799 wurde „Die Schöpfung“von Haydn in Wien uraufgeführt, nun, mehr als 200 Jahre später, wird sie unter der Leitung des Dirigenten Thomas Hengelbrock – der auch das Elbphilharmonie-Orchester in Hamburg leitet – mit den Solisten Camilla Tilling (Gabriel), Lothar Odinius (Uriel), Tareg Nazmi (Raphael), Katharina Konradi (Eva) und Andre Morsch (Adam) aufgeführt. Karten für diese tönende Version der Erschaffung der Welt gibt es unter: www.heinersdorff-konzerte.de
w.g. Klassik Selbst im Leben eines Genies gibt es Etappen, die andere Etappen an Produktivität, Schöpferkraft, Vitalität übertreffen. Bei Wolfgang Amadeus Mozart war das nicht anders. Zwar fällt es schwer, bei ihm überhaupt sogenannte „schwächere Werke“zu benennen, aber es steht doch außer Zweifel, das die Phase rund um die Entstehung der „Hochzeit des Figaro“in Wien für Mozart eine besonders blühende war. Mozart befand sich in einem wahren Schaffensrausch und komponierte ein Meisterwerk nach dem anderen – auch deshalb, weil er für anstehende Reisen frische Literatur im Gepäck haben wollte. Bald (wir befinden wir uns im Jahr 1786) sollte es nach Prag gehen, da benötigte der Musikus beispielsweise ein flammneues Klavierkonzert.
So entstand das Konzert C-Dur KV 503, das als eines der sogenannten „sinfonischen Konzerte“gilt, die Dimensionen sind größer, die Vermessungen der Sonatensätze sind individueller; Mozart hat hier die perfekte Mischung aus Tradition und Risikobereitschaft gefunden, er kann sich jubelnde Momente leisten, die im nächsten Moment von unerklärlichen Schatten verdüstert werden. Mozart, der Unberechenbare und Raffinierte – auch und gerade in diesem C-Dur-Konzert zeigt Sachbuch Dieses Buch ist keine Neuerscheinung des Frühjahrs, doch dass es wieder aktuell geworden ist, liegt auch an der bevorstehenden Buchmesse. Denn dort wird die Autorin Åsne Seierstad für „Einer von uns“mit dem renommierten und mit 20.000 Euro dotierten Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung geehrt. Dieser Bestseller beschreibt die Geschichte eines Massenmörders und zeigt den Menschen hinter seiner unfassbaren Tat – die Rede ist von Andres Breivik. Die Norwegerin Åsne Seierstad analysiert in „Einer von uns“sehr genau die Tat, erstellt ein Psychogramm des Täters und würdigt die Opfer. Vielleicht, so kommentierte das Deutschlandradio diese große Studie, ist „Einer von uns“eines „der wichtigsten Bücher unserer Zeit“. Mit seiner Verweiskraft über den konkreten Amoklauf hinaus bleibt es zeitlos aktuell und verdient auch zwei Jahre nach der Übertragung ins Deutsche noch viele Leser. los
Åsne Seierstad Kein & Aber, 544 Seiten, 26 Euro sich die Bandbreite des Mozartschen Gestaltungswillens eindrucksvoll.
Der großartige polnische Pianist Piotr Anderszewski hat sich jetzt dieses Werk vorgenommen, aber er hütet sich vor jeder Virtuosen-Allüre. Mit dem feinen Chamber Orchestra of Europa hat er ein Ensemble gewonnen, das auf innermusikalische Gespräche geeicht ist. Da gibt es nicht die Oben-unten-Verteilung zwischen Solist und Orchester, sondern eine Fülle köstlicher Dialoge. Ein Kabinettstückchen ist die Kadenz im ersten Satz, die Anderszewski selbst komponiert und mit einigen witzigen, Mozart-fremden, aber dann doch sehr zutreffenden Harmonien versehen hat.
Erweitert wird die CD (bei Warner erschienen) um Mozarts letztes Klavierkonzert, dasjenige in B-Dur KV 595. Abermals besticht das Musizieren durch Wärme, Fülle, Wohllaut und Intelligenz. Wie man so sagt: Mit diesem Mozart werden alle Wünsche wahr. Wolfram Goertz