ANALYSE Wenn
Erwachsene Jugendliche emotional oder sogar sexuell bedrängen, stürzt das die Betroffenen oft in Scham- und Schuldgefühle. Dabei sind sie keine Sonderlinge.
insgesamt auf den Kopf. Und das erzeugt Wut.
Umso wichtiger ist es, die Mechanismen in den Blick zu nehmen, die zu falschen Abhängigkeitsverhältnissen führen. Oft sind es narzisstische Persönlichkeiten, die zu viel Nähe zu anderen Menschen aufbauen und sie emotional auslaugen. Gegenüber Jugendlichen haben sie meist leichtes Spiel, zumal, wenn sie aufgrund ihrer Position von den Teenagern bewundert werden. Aber auch zwischen Erwachsenen gibt es diese ausbeuterischen Beziehungen.
Christine Merzeder hat das erlebt. Sie war zwölf Jahre mit einem Mann verheiratet, der sich als Narzisst entpuppte, und hat über ihre Erfahrungen ein Buch geschrieben: „Wie schleichendes Gift“(Scorpio). „Narzissten wachsen meist emotional vernachlässigt auf, sind vielleicht Trophäenkinder, die für ihre Leistungen gelobt werden, aber keine wahre Zuwendung erfahren“, sagt Merzeder. Solche Menschen suchten als Erwachsene ständig Bestätigung, um die Leere in sich zu füllen. „Wie Junkies brauchen sie mehr und mehr Aufmerksamkeit“, so Merzeder. In Beziehungen überschütten solche Menschen ihre Partner mit Zuwendung, doch irgendwann genügt ihnen deren Erwiderung nicht mehr, dann fordern sie immer mehr Aufmerksamkeit – bis die Beziehung kippt.
Auch in solchen Fällen geben sich die Betroffenen oft selbst die Schuld und verdrängen die ersten Anzeichen, wenn sie zu spüren beginnen, dass die von ihnen geforderte Nähe und Bestätigung das erträgliche Maß übersteigt. „Darum ist es so wichtig, über solche Muster zu sprechen“, sagt Merzeder, „Menschen, die in solche Beziehungen geraten, haben oft viel zu geben, sie müssen nur lernen, Ausbeutung zu erkennen und Grenzen zu setzen.“Wenn Jugendliche betroffen sind, sieht Merzeder deren Umfeld in der Pflicht, über die destruktiven Mechanismen im Verhältnis zwischen Menschen zu sprechen. „Gerade betroffenen Jugendlichen muss man zeigen, dass sie Stärken haben – und lernen müssen, Nein zu sagen, wenn andere diese Stärken ausnutzen wollen.“