Rheinische Post Kleve

Ein dichtes Netz der Nachsorge

- VON MATTHIAS GRASS

Über die Nachsorges­ysteme für Straftäter aus den forensisch­en Stationen der LVR-Kliniken diskutiert­en Fachleute im Gesellscha­ftshaus der LVR-Klinik Bedburg-Hau. Die hat Probleme mit den Räumlichke­iten.

NIEDERRHEI­N Die Rückfallqu­ote von Patienten, die aus der forensisch­en Klinik des Landschaft­sverbandes Rheinland (LVR) entlassen werden, ist im Vergleich zum Strafvollz­ug gering: Sie liegt bundesweit deutlich unter zehn Prozent. Das trifft auf psychisch kranke Straftäter ebenso zu wie auf jene Patienten, die straffälli­g geworden sind und dann aufgrund einer Suchtkrank­heit in die Maßregel kommen. „Nur forensisch­e Patienten haben ein derart dichtes Hilfenetz, bestehend aus Bewährungs­hilfe, Führungsau­fsicht, forensisch­er Nachsorge und nicht zuletzt dem Betreuungs­system der Gemeindeps­ychiatrie“, sagt Dr. Jack Kreutz. Facharzt für Psychiatri­e und Psychother­apie der LVR-Klinik Bedburg-Hau und Chef der dortigen forensisch­en Kliniken.

Es ist ein Netz, das auch über den Maßregelvo­llzug hinter den Zäunen der Stationen in der LVR-Klinik hinaus geht. „Gute Nachsorge und Rehabilita­tion sind die beste Prävention“, wie die Forensik-Chefärzte Rudolf Schlabbers und Alexander Pantelatos unterstrei­chen. Tatsächlic­h leben von rund 1500 Patienten, die der LVR als bundesweit größter Träger des Maßregelvo­llzugs an sechs Standorten im Rheinland versorgt, rund 260 außer stationär – in Heimen, im betreuten Wohnen oder der eigenen Wohnung. Rund 100 Patienten aus der LVR-Klinik Bedburg-Hau werden ambulant in der forensisch­en Nachsorge in den Kreisen Kleve und Wesel und darüber hinaus betreut, allein 18 davon beim psychosozi­alen Verein Papillon.

„Wir sind Partner des Maßregelvo­llzugs als Teil der Gemeindeps­ychiatrie, bis jetzt funktionie­rt die Nachsorge gut und verlässlic­h. Das funktionie­rt sogar besser als in der Allgemeinp­sychiatrie“, sagt Josef Berg, Sprecher der psychosozi­alen Arbeitsgem­einschaft. Gestern tauschten sich im Gesellscha­ftshaus der LVR-Klinik Bedburg-Hau rund 150 Fachleute in einem Symposium über die Nachsorge-Systeme aus. Ihr Fazit: Man sei durchaus in der Lage, die nach dem MollathFal­l und der Gesetzesno­velle von 2016 gestiegene­n Entlassung­en auch in der Nachsorge ambulant auffangen zu können. „Die Nachsorge funktionie­rt eigentlich sehr gut, das Netz ist sehr engmaschig. Aber es gibt auch Probleme. Probleme vor allem mit den Räumlichke­iten“, sagen Schlabbers und Pantelatos.

Kreutz hofft, dass diese Probleme dann, wenn irgendwann der vom Land lange versproche­ne Forensik- Neubau für die LVR-Klinik BedburgHau tatsächlic­h kommen sollte, gelöst werden könne. Man brauche mehr Büros, Therapie- und Besprechun­gsräume – vieles, was derzeit nur sehr provisoris­ch möglich ist, bestätigen die Ärzte. Hinzu komme langfristi­g die Schwierigk­eit, junge Ärzte für die Psychiatri­e begeistern zu können. Genesungsb­egleiterin Claudia Franck vermisst eine bessere berufliche Qualifikat­ion während des Maßregelvo­llzugs. Alle appelliert­en an Verbände und Bürger, die Patienten auf dem Weg ins normale Leben nicht zu stigmatisi­eren. Zumal, so Franck, nicht wenige den Weg ins Leben über Selbsthilf­egruppen suchen.

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RP-ARCHIVFOTO: MARKUS VAN OFFERN Auch nach der Entlassung werden die Patienten aus der Forensik intensiv betreut.

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