Rheinische Post Kleve

Die Wochen der Standortbe­stimmung

- VON KARSTEN KELLERMANN

Mönchengla­dbach trifft binnen 23 Tagen auf drei Europa-Konkurrent­en. Heute geht es nach Frankfurt.

MÖNCHENGLA­DBACH Nein, es geht den Menschen, die in irgendeine­r Form mit Borussia Mönchengla­dbach verbandelt sind, nicht aus dem Kopf, dieses Pokal-Halbfinale. Es ist der große dunkle Schatten über dem Jahr 2017, so finster, dass alles andere, was gar nicht mal schlecht war, nahezu verschluck­t wird davon. Borussia hatte ein Heimspiel an jenem 25. April, und das gegen Eintracht Frankfurt. Finale! So dachten viele. Und wurden bitter enttäuscht. Denn die Eintracht siegte im Elfmetersc­hießen. Der Abend gilt als das gröbste Scheitern eines Borussen-Teams in der jüngeren Vereinsges­chichte.

Nun kriechen die traurigen Erinnerung­en wieder heran, da Borussia heute in Frankfurt spielt. Dass zudem am dritten Spieltag das Heimspiel gegen die Eintracht 0:1 verloren ging, erlaubt die These, dass die Borussen etwas geradebieg­en wollen im Zuge der Begegnung in Frankfurt.

Der Eintracht möglichst viele Punkte zu entreißen unter Flutlicht, zumindest einen, bestenfall­s aber drei, wäre nebenbei hilfreich für die Gegenwart. In der kämpfen die Borussen ebenso wie Frankfurt um die internatio­nalen Plätze. Für Gladbach ist das Spiel heute der Auftakt einer regelrecht­en Orientieru­ngsphase. Denn nach Frankfurt, das 30 Punkte hat, kommen RB Leipzig und (nach dem zwischenze­itlichen Gastspiel in Stuttgart) dann Borussia Dortmund, beide haben, wie Gladbach, 31 Punkte.

Es ist die große Gelegenhei­t, sich binnen 23 Tagen zu positionie­ren. Eine Vorentsche­idung wird es sicher nicht geben, wahrschein­lich sogar nicht vor den letzten Spielen der Saison. Doch gilt es, ein Statement abzugeben, was die Konkurrent­en angeht. Zumindest was die Tendenz angeht, könnte sich ein erster Hinweis ergeben in den Spielen gegen das Überraschu­ngsteam aus Hessen, den Vizemeiste­r aus Sachsen und den finanzstar­ken Klub aus Westfalen, ob Borussia ihr Potenzial nutzen kann, um die Champions League anzugehen – oder ob sie zittern muss, überhaupt internatio­nal zu spielen.

Dass die Borussen intern ganz sicher offensiver­e Ziele formuliere­n als nach außen, ist zu vermuten. Die schönen Erlebnisse in der Champions League und vor allem den erquicklic­hen Geldregen, all das hat keiner am Niederrhei­n vergessen. Jeder weiß, dass es sich lohnt, alles dafür zu geben. Gerade ein Gegner wie Frankfurt – robust, athletisch, zweikampfs­tark, zuweilen provoziere­nd wie Hecking findet – nötigt einem spielerisc­hen Team wie Gladbach alles ab. Auch mal Schmerzen zu ertragen. „Frankfurt ist der Ge- genentwurf zu uns“, sagt Hecking, indes mit viel Respekt. Auch er weiß: Mit Hacke, Spitze, eins, zwei, drei wird es heute Abend nichts werden in der Commerzban­k-Arena. Dass sein Team auch solche Gegner annehmen kann, hat es gegen Augsburg gezeigt, das ähnlich hartnäckig ist wie die Eintracht.

„Wir müssen die Leistung aus dem Augsburg-Spiel bestätigen. Als Mannschaft gut verteidige­n und vorne vielleicht noch etwas entschloss­ener unsere Chancen nutzen“, sagt Nico Elvedi, der im Vorfeld des Spiels seinen Vertrag verlängert hat. Was defensive Stabilität und offensive Effektivit­ät angeht, müsste Dieter Hecking den Seinen nur ein Video des Hinspieles zeigen. Da hat die Eintracht, die die zweitbeste Abwehr der Liga hat, all das an den Tag gelegt.

Aber: Daheim tut sich das konterstar­ke Team von Niko Kovac weit schwerer als in der Fremde. Gladbach hat von den letzten drei Spielen in Frankfurt keines verloren (0:0, 5:1, 0:0). Die Serie wollen die Borussen fortsetzen. Auch, um das allgemeine Halbfinal-Trauma wenigstens ein bisschen zu lindern.

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FOTO: KK Borussia Mönchengla­dbachs Trainer Dieter Hecking.

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