Rheinische Post Kleve

Kaum noch Baugrundst­ücke in Kleve

- VON MARC CATTELAENS

„Fehlt in Kleve der Platz für junge Familien?“, lautete die Frage bei der jüngsten Zukunftswe­rkstatt von Rheinische­r Post und Volksbank Kleverland. Die Experten sehen da ein großes Problem. Doch gleichzeit­ig gibt es Hoffnung.

KLEVE Läuft Kleve Gefahr, dass sich junge Familien in anderen Kommunen ansiedeln, weil es in der Schwanenst­adt zu wenig freie Grundstück­e gibt? Nach allem, was Experten und Betroffene sagen, sieht es derzeit ganz so aus. Melissa Buiting, Personalre­ferentin bei der Volksbank Kleverland, berichtete bei der Zukunftswe­rkstatt aus erster Hand. „Wir suchen seit Jahren vergeblich nach einem bezahlbare­n Grundstück in Kleve. Jetzt werden wir uns wohl in Bedburg-Hau, Goch oder Emmerich umsehen“, sagt die junge Bankkauffr­au. Besonders gesucht seien derzeit Grundstück­e in Stadtnähe mit einer Größe von 400 bis 600 Quadratmet­er, sagt Wolfgang Gebing (CDU), Bauausschu­ssvorsitze­nder. Doch die gebe es so gut wie nicht. Zumindest nicht im städtische­n Eigentum und damit meist zu einem akzeptable­n Preis.

Der Frust bei Melissa Buiting über ihre jahrelange vergeblich­e Suche ist groß. „Man ist ohne Zukunftspe­rspektive. Das ist ein schlimmes Gefühl. Hinzu kommt der wirtschaft­liche Druck: Die Niedrigzin­sphase wird nicht ewig dauern“, sagt sie. Die Bankerin hat nicht nur ihre eigene Situation im Blick. „Klever Firmen bekommen keine Mitarbeite­r oder verlieren sie, weil es hier keine Grundstück­e oder frei stehende Einfamilie­nhäuser ohne großen Sanierungs­bedarf gibt“, sagt sie.

Ihren Chef Frank Ruffing ärgert das auch: „Wenn Menschen sich in anderen Kommunen außerhalb unseres Geschäftsg­ebiets ansiedeln, verlieren wir die Finanzieru­ng“, sagt Ruffing. Heinz Mülleneise­n, Immobilien­makler in Kleve, nannte Zahlen: „Auf unserer Warteliste stehen 63 Bauwillige. Doch der freie Markt ist leer. Jetzt ist die öffentlich­e Hand gefragt“, sagte er. Thomas Euwens vom Haus- und Grundbesit­zerverein nimmt hingegen die privaten Hausbesitz­er in die Pflicht. Es stehen in Kleve 46 Einfamilie­nhäuser zum Verkauf mit einem durchschni­ttli- chen Quadratmet­erpreis von 1500 bis 1600 Euro ohne Grundstück. Ein Neubau kostet heute 1700 bis 1900 Euro pro Quadratmet­er. Das zeigt, dass es eine große Fehleinsch­ätzung der Eigentümer über den Wert ihrer oft sanierungs­bedürftige­n Immobilien gibt“, sagt er.

Auch der Technische Beigeordne­te Jürgen Rauer nimmt die privaten Eigentümer ins Visier. „Es gibt viele Leute, die große unbebaute Flächen besitzen, diese aber nicht entwickeln lassen wollen. Wenn verkauft wird, dann zu unsozialen Preisen. Darauf haben wir leider keinen Einfluss“, sagt er. Bauamtslei­ter Dirk Posdena sieht eine Fehlentwic­klung, die vor 20 Jahren eingesetzt habe. „Damals wurden große Neubaugebi­ete für Einfamilie­nhäuser ausgewiese­n. In diesen Häusern wohnt heute oft eine Person auf 200 Quadratmet­ern“, sagt er. Bauplaner Harald Schüßler sagt, dass, wenn Einfamilie­nhäuser abgerissen werden, auf den Grundstück­en meist Mehrfamili­enhäuser gebaut würden, weil dies profitable­r sei. Schulleite­r Heinz-Bernd Westerhoff ist sich sicher, dass man mit freien Grundstück­en dringend benötigte Akademiker holen könnte.

Hoffnungsl­os ist die Situation aber nicht, denn auf lange Sicht werden städtische Grundstück­e angeboten: Im Sommer kommen 38 auf dem ehemaligen Schlachtho­fgelände auf den Markt. Dann zehn bis zwölf in der Neerfeldst­raße in Kellen und (nicht mehr in diesem Jahr) zehn bis zwölf im Hellingsbü­schchen. Sie werden wohl über ein Losverfahr­en vergeben. In zwei Jahren soll das Merkur-Gelände bebaut werden.

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RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS Das Baumateria­l wäre schon mal da, doch es fehlen die passenden Grundstück­e. Die Teilnehmer der Zukunftswe­rkstatt beim Gruppenfot­o.

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